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Gomorrha: The Complete Recordings (Review)

Artist:

Gomorrha

Gomorrha: The Complete Recordings
Album:

The Complete Recordings

Medium: Do-CD
Stil:

Kraut-, Blues-, Progressive- und Psychedelic-Rock

Label: MIG music
Spieldauer: 121:37
Erschienen: 29.08.2025
Website: [Link]

„Viele Kritiker schrieben über unsere letzte LP von Weltuntergangsstimmung. Wenn ich aber die Weltlage von heute betrachte, beschleicht mich eine unangenehme Ahnung, die mich oft nicht schlafen lässt.“ (Ad Ochel von GOMORRHA)

Endlich krautet es wieder so richtig bei MIG music, die als Label dieses Mal erneut nach einer längst aus den Augen und Ohren verlorenen Band greifen, die es in den Siebzigern tatsächlich erst beim BASF- und dann sogar BRAIN-Label auf insgesamt drei LPs brachten. Diese wurden nun in ihrer ganzen Schönheit fein neu aufgelegt und auf der Doppel-CD „The Complete Recordings“ veröffentlicht und mit einem 12-seitigen Booklet versehen.
Die Rede ist von der Ende der 60er-Jahre im Rheinland gegründeten Band GOMORRHA, deren Glück es war, von dem damals noch jungen Conny Plank betreut zu werden.
Schon der biblische Bandname ist gewagt, denn allen Bibeltreuen ist sofort klar, wie sündhaft dieser ist, denn schließlich gehört neben Sodom die Stadt 'Gomorrha' zu den zwei Städten, die von Gott ihrer Sündhaftigkeit wegen vernichtet wurden.
Vielleicht verfielen die Einwohner danach in ein „Trauma“.
GOMORRHA jedenfalls stellen genau dieses Stück in den Mittelpunkt ihres Schaffens, das gerne aus progressiv-psychedelischer Sicht als ihr echtes Bandgeschichten-Highlight bezeichnet werden darf.

Übrigens schafften es die vier sündigen Krautrocker sogar auf den „Kraut! - Die innovativen Jahre des Krautrock“-Sampler Teil 2, auf dem sie mit „Lola“ präsentiert wurden. Eine uneingeschränkt empfehlenswerte vierteilige Doppel-CD-Serie aus dem Hause Bear Family Productions.


Und damit wären wir auch schon beim ersten gleichnamigen GOMORRHA-Album des Jahres 1970, das sich durch eine gewagte Besonderheit auszeichnet – nämlich die deutschen Texte, die mit der besagten „Lola“ durchstarten, welche nicht die Bohne etwas mit den KINKS zu tuen hat.
Hier denkt man viel eher in Richtung Osten und an RENFT oder die BÜRKHOLZ FORMATION und PANTA RHEI (die es übrigens allesamt auch auf einen „Kraut!“-Sampler schafften).

Ach, waren das noch Zeiten, in denen beispielsweise ein „Regenbogenschein“ samt ausgiebigem Gitarren-Solo dem Hörer ausschließlich angenehm natürliche Regenbogen-Erinnerungen bescherten, in denen dieser nicht von irgendwelchen Fahnen für irgendwelche Gruppen instrumentalisiert wurde.
Oder hatten GOMORRHA etwas Ähnliches gar schon in ihrem Song „Totes Land“ vorhergesehen?
Vollendet und abgeschlossen wird das erste und einzige deutschsprachige GOMORRHA-Album mit dem bereits erwähnten „Trauma“, einem am Ende kosmisch ausartenden Longtrack, der die ansonsten insgesamt deutlich eingängigeren deutschsprachigen Songs des gesamten Albums etwas konterkariert, für Psyche- und Prog-Fans aber garantiert das Album-Highlight darstellt.


Hier aber kommen wir gleich zu einem typischen Westproblem: Denn während man im Osten begann, die DDR-Bands dazu zu zwingen, in deutscher Sprache ihre eigenen Stücke aufzunehmen, war die deutsche Muttersprache in der (progressiven) Rockmusik überhaupt nicht beliebt. Oft fehlte die Akzeptanz, weil man glaubte, durch die deutsche Sprache den Zugang zum weltweiten Musikmarkt einzubüßen und sang daher lieber sogar in extrem akzentuiertem Englisch wie beispielsweise ELOY.
Das schien sich auch bei den GOMORRHA-Konzerten abzuzeichnen, sodass wohl auf Anraten von Conny Plank das deutschsprachige erste Album noch einmal völlig neu arrangiert und mit Peter Otten als neuem Sänger 1971 englischsprachig (aber angenehm unakzentuiert) unter dem Titel „Trauma“ mit einer anderen Titelabfolge aufgenommen wurde.
Noch dazu wurde aus dem bis dahin deutschen 9-Minuten-„Trauma“ ein vier Minuten längeres, extrem psychedelisches englisches „Trauma“, ohne das kosmische Beiwerk am Ende, das dafür aber besonders aus orgeliger Sicht so einige eisernschmetterlingsche „In-A-Gadda-Da-Vida“-Züge in sich trägt.
Grandiose Nummer – da gibt’s keine Frage!


Ihr letztes Album „I Turned To See Whose Voice It Was“ orientierte sich dann anno 1972 deutlich am Blues Rock, auch der härteren Spielart, aber mit vielen psychedelischen Einsprengseln sowie ausgiebigen Orgel-Passagen, wobei schon der zehnminütige Album-Opener, inklusive eines langen Akustikgitarre-Solos sehr komplex und so gesehen auch progressiv wie krautig ausfällt.
Erneut kommen einem IRON BUTTERFLY oder die GOMORRHA-Landsleute von BIRTH CONTROL in den Sinn. Wiederum von Plank produziert, nahmen GOMORRHA innerhalb von sechs Tagen das Aller-guten-Dinge-sind-drei-Scheibchen auf, das sich zwischen Jam-Einlagen, Psychedelischem, progressiv-(hard)rockigem Blues und jeder Menge Orgel-Einschüben bewegt. Im Grunde der zusammenfassende Abschluss des kurzen GOMORRHA-Lebens, das endgültig mit deren Auflösung 1973 endete.

Was bleibt, ist ihre sich über drei Alben erstreckende Musik, die nun in ihrer kompletten Schönheit auf „The Complete Recordings“ von MIG music für alle Zeiten auf zwei Silberlingen verewigt wurde.
Echt lohnenswert.


FAZIT: „The Complete Recordings“ präsentiert alle drei Alben von der (wie es im „Kraut!“-Sampler Teil 2 heißt) „weitgehend unbemerkt gebliebenen Band“ GOMORRHA, die von 1969 bis 1973 ihr kraut-, blues-, prog-, psyche-rockiges Unwesen trieb und es dabei mit der produktionstechnischen Unterstützung von Conny Plank auf drei LP's brachte, wovon ihr erste - die deutschsprachige - eine absolute Rarität ist. Nun also haben sich MIG music auf Entdeckungsreise begeben, alle GOMORRHA-Alben aus der Musik-Versenkung gehoben und auf dieser dreiflügeligen Digipak-Doppel-CD vereint sowie mit einem informativen 12-seitigen Booklet versehen. Ein glänzendes Stück Kraut-Musikgeschichte mitten aus der biblischen Stadt der Sünden, die neben Sodom genau wie die Band längst untergegangen ist. GOMORRHA jedenfalls sind definitiv eine (Musik-)Sünde wert!

Thoralf Koß - Chefredakteur (Info) (Review 98x gelesen, veröffentlicht am )

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Tracklist:
  • CD 1 = Gomorrha (1970) & Trauma (1971) (77:32):
  • Gomorrha (1970)
  • Lola
  • Totes Land
  • Flammenhände
  • Reise
  • Regenbogenschein
  • Gestern
  • Kreiseltanz
  • Sommer
  • Trauma
  • Trauma (1971)
  • Journey
  • Trauma
  • Yesterday
  • Lola
  • Dead Land
  • Summer
  • Rainbowlight
  • Dance Of Circles
  • Firehands
  • CD 2 = I Turned To See Whose Voice It Was (1972) = (44:05):
  • Dance On A Volcano
  • Opening Of A Sealed Book
  • Dead Life
  • I Turned To See Whose Voice It Was
  • I Try To Change The World
  • Tititsh Child

Besetzung:

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