“I’m typing on an old typewriter;
my Princess Standard 300, from the sixties
[…]
No adding, no changing,
No back or forth.
No shame, no doubts.“
(Romy Hausmann, Princess Standard 300)

Alles begann mit einer alten Schreibmaschine aus den 60er Jahren der Marke „Princess Standard“, die ROMY HAUSMANN auf einem Flohmarkt entdeckte und die sie zum Schreiben von Gedichten animierte. ROMY HAUSMANN, Moment mal, den Namen kennt man doch – genau, eigentlich ist ROMY HAUSMANN vor allem als Schriftstellerin von Psychothriller-Bestsellern wie „Liebes Kind“ bekannt. Nun sitzt sie vor der alten Schreibmaschine und tippt Gedichte, insgesamt 52 an der Zahl. Und diese haben es in sich.

Nein, hier erwartet uns keine schwülstige Liebes- oder Frühlingsprosa. Im Gegenteil, hier gewährt die Schriftstellerin einen sehr intimen Einblick tief in ihre Seele in kurzen Gedichten über Beziehungen, Sex, Affären, Alkohol, Drogen, Ängste, Verwundbarkeit, Abstürze. Große und kleine Geschichten, die das Leben schreibt, oft mit einem Silberstreifen Hoffnung - CHARLES BUKOWKSI‘s Welt aus weiblicher Sicht.

Kostprobe gefällig?

”There lies the truth,
somewhere on the bedroom floor,
half covered by a pile of clothes.
You brushed the straps of my dress,
then you slipped out of it yourself,
like out of your jeans.
[…]
STILL IT REAMAINS
as a strange little background
no matter how loud I get
while you fuck me as hard as you can”
(Romy Hausmann, Where to put the truth)

Die Texte sind vorwiegend in Englisch, ein paar wenige in Französisch. Deutsch: Fehlanzeige. Vermutlich geht ein Seelenstriptease in einer fremden Sprache leichter von der Hand und schafft ein kleines bisschen Distanz.

Um das Ganze in der Dramatik noch weiter zu steigern, wurden 17 der Gedichte vom Kölner Musiker und Produzenten MARTIN BECHLER (FORTUNA EHRENFELD) vertont und von ROMY HAUSMANN eingesprochen (dem Buch liegt die CD bei und die Musik wird separat auch noch auf Vinyl und digital veröffentlicht). Hier treffen düstere, stampfende Elektrobeats auf feine Klaviertöne oder „Smooth Operator“-Lounge Sounds, je nach Stimmung der Geschichten. Und dazu die kindliche, aber leicht verrauchte Stimme von HAUSMANN mit hohem Wiedererkennungswert, die so gar keine kindlichen Texte zitiert und daher einen faszinierenden Kontrast in sich und zur Musik herstellt.

Wer also die Gedichte nicht lesen mag, kann sie sich vertont von der Autorin vorlesen lassen (zumindest 17 der 52 Gedichte). Und das ist vielleicht auch der kleine Wermutstropfen: So spannend die gesprochenen Texte beim ersten Hören wirklich sind, verpufft der Aha-(und Oha-)Effekt nach mehrmaligem Hören doch etwas. Aber Elektro-Songs wie „Stray Dogs“ werden wir sicher bald in vielen Clubs hören.

FAZIT: Auf „Princes Standard“ erleben wir ROMY HAUSMANN mal ganz anders. Und das gleich zweimal: Einmal beim Lesen ihrer Gedichte und dann auch beim Hören der von ihr eingesprochenen und von FORTUNA EHRENFELD kongenial vertonten Auswahl an Gedichten. Hier zeigt die Autorin eindrucksvoll, dass sie weit mehr kann als populäre Psychothriller zu schreiben. Man kauft ihr die Stories, vorgetragen durch ihre zarte, teilweise verruchte Stimme unbesehen ab. Das macht die Buch- / Audio-Kombi von „Princess Standard“ zu einem vertonten Roadtrip durch die erinnerungsschwangeren, verschmutzen und verschwitztem Bettlaken der ereignisreichen Motel-Zimmer namens Leben.