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Henge: Alpha Test 4 (Review)

Artist:

Henge

Henge: Alpha Test 4
Album:

Alpha Test 4

Medium: CD/LP/Download
Stil:

Cosmic Dross, Space, Psyche, Acid, Indie

Label: Cosmic Dross Records/Cargo
Spieldauer: 35:33
Erschienen: 26.05.2023
Website: [Link]

Der Kosmos ist unergründlich.
Manchmal kommt aus ihm auch Musik der ganz speziellen Art.
Zumindest wenn wir den außerirdischen Musikern von HENGE Glauben schenken und ihr Album „Alpha Test 4“ als zwar im (unter)irdischen Europa erhältlich, aber mit überirdischer Musik versehen akzeptieren.
Und so viel steht im Vorfeld schonmal fest: An diesem Album werden sich die irdischen wie die überirdischen Geister scheiden…

HENGE sind jedenfalls nach eigener (unbedingt glaubhafter) Aussage direkt von einer fernen Galaxie zu uns auf die Erde gekommen, um uns mit den seltsamsten Klängen – die wirklich mit ihren schrägen Kinderzimmer-Synthies und vervocoderten Gesängen nicht von dieser Welt sein können – mitzuteilen, dass bei uns so einiges ernsthaft schief läuft. Und dazu machen die Grünen Alien-Männchen, welche direkt aus der Akte-X-Serie entstiegen zu sein scheinen, Musik der Art vom Planet HENGE.
Mit solchen Botschaften schafft man es sogar bis ins Fernsehen – oder den kunstvollen Spartensender ARTE ('Tracks' – Wirklich empfehlenswert!), der wirklich alles, was unter dem Himmel eigenARTigE Musik, Kunst und Übernatürliches anzubieten hat, eine Plattform gibt. Hauptsache abgefahren...

...und das sind HENGE definitiv, die sich angeblich, bevor sie sich verSPACEten, in britischen Gefilden rund um Manchester tummelten und dort schon ihr musikalisches Unwesen trieben. Ganz ähnlich und völlig verrückt wie beispielsweise in den Spätsechzigern und Frühsiebzigern die bis dahin wohl abgefahrenste (ebenfalls britische) Space-Psyche-Fusion-Prog-Truppe GONG mit dem verrückten Kapitän Daevid Allen, der bis dahin Gitarrist bei SOFT MACHINE war. Nur dass die längst für alle progressiven Space-Rock-Freunde zur gongenden Kultband gewordenen Musiker-Verrückten, denen auch Steve Hillage, Pierre Moerlen und Allan Holdsworth angehörten, für ihre interplanetarische Reise eine fliegende Teekanne benutzten sowie auf die Kraft eines elektrifizierten Camemberts und die Eier der Engel, aber in ihren sphärischen Sounds nicht ganz so extrem auf elektronische Verfremdungen setzten wie HENGE das in ihrem selbst kreierten und schubladisierten 'Cocmic Dross' tun.
Cosmic Dross?
Lösen wir mal so: Space-Synthie-Pop trifft auf progressiven, oft elektronisch dominierten Art Rock sowie eine Indie-Fusion, die nach allen stilistischen (gerne auch jazzigen oder dubbigen) Ausartungen und trotzdem (ohr)wurmfortsetzenden Melodien greift, um diese als kosmischen Musiksternenstaub erdgerecht zu materialisieren und dabei auch vor Anklängen von beispielsweise der KRAFTWERK-“DNA“ oder den SPARKS, die uns ja bereits im Jahr 2008 die exotischen Kreaturen aus der Tiefe in unsere Hörmuscheln kriechen ließen, nicht haltmachen.

Dazu gibt’s Texte, die zwar extrem abgefahren und zynisch oder in einer eigenen intergalaktischen Sprache erklingen, jedoch ganz offensichtlich ihre Angst um die Zerstörung unserer Erde durch uns Erdlinge zum Ausdruck bringen. Wie ernst ihnen diese Absicht ist, beweisen HENGE dadurch, dass sie im Rahmen ihres Album-Openers „Get A Wriggle On“, den sie als Single auskoppelten, eng mit der bodenständigen britischen Umweltorganisation 'Music Declares Emergency' zusammenarbeiteten, um alle aus den Erlösen dieser Single erzielten Einnamen dem Klimaschutz zukommen zu lassen, was ihr singender Frontmann Zpor trotz allem Überirdischen betont: „Wie ihr vielleicht wisst, befindet sich euer Heimatplanet in einer Klimakrise. Wir haben eine tiefe Liebe für die menschliche Rasse entwickelt und wünschen uns, dass ihr gedeiht...“

Sogar TANGERINE DREAM werden einem bei „Alpha Test 4“, dem Titeltrack und speziell in einigen Momenten auf der LP-B-Seite neben den oft quäkenden Synthesizer plus Sounds, die fast mit einer Portion Frechheit auf 80er-Jahre-Müll und Nintendo-Computerspiel-Klänge gesampelt wurden, in den dunkleren und härteren Momenten (Ja, auch die gibt’s auf „Alpha Test 4“ zu entdecken!) in den Sinn kommen.

Musikalisch der Irrsinn!
Einen Irrsinn, den man mehr denn je braucht, wenn man all die Irrsinnigen, die sich heutzutage immer stärker radikalisieren und sich dabei für völlig normal halten, fast täglich im wahren Leben wie in Funk und Fernsehen oder monotheistischen Gebetshäusern erlebt.

Darum sollte der Hörer dieses eigenartigen, gewagten und grenzenlosen, aber absolut fried-, menschen- und erdliebenden Musik-Trips ähnlich verrückt drauf sein wie es die HENGE sind. Man muss ja nicht unbedingt beim Hören ähnliche Verkleidungen wie die Musiker tragen, von denen einer übrigens wie die fleischgewordene Persiflage auf Jesus erscheint.

Andere werden wahrscheinlich behaupten: Wer das hört, der muss nicht ganz richtig im Kopf sein oder an die kleinen grünen Männchen sowie die Religion der Fliegenden Spaghettimonster glauben. Doch ganz im Gegensatz zu den zu Kreuze kriechenden und zugleich Kreuzzüge bestreitenden oder wie auch immer einseitig ausgerichteten anderen – offiziell staatlicherseits und steuereintreibend zugelassenen und sich nur auf ihren Gott berufenden, aber unter Andersgläubigen ihr böses Unwesen treibenden – Religionen lassen sich HENGE nicht von ihrer friedliebenden, aber auch vorwarnenden und durchaus mit einer gehörigen Portion Ironie versehenen Glaubensmission abbringen: „Wir sind hier, um euch Menschen zu helfen. Wir sind hier, um euch Freude, Glück und eine wichtige Botschaft zu bringen: Entmilitarisiert euren Planeten. Geht raus und erkundet den Weltraum. Dabei könnt ihr auch eine Menge Spaß haben. Es muss sich etwas verändern, weil ihr das Klima auf eurem Planeten zerstört. Ihr dreht euch – sozusagen – den Strick, an dem ihr hängen werdet.“

Extrem deutliche Botschaften.
Gleich der bereits erwähnte Album-Opener „Get A Wriggle On“ rechnet mit der Unbekümmertheit der Menschheit im Umgang mit der Klimakrise ab, während „Self Repair Protocol' voller Ironie In Richtung KI tritt und sich über die Probleme schlecht funktionierender Roboter lustig macht. Die einzige Chance, sich gegen den menschengemachten Irrsinn auf der Erde durchzusetzen, ist eben die genauso menschengemachte Vernunft, die HENGE am Ende auf „First Encounter“ mit einem Liebesbrief an die Erde durchzusetzen versuchen.

FAZIT: Die Außerirdischen sind unter uns – und machen Musik, um uns Erdlinge zu bekehren und zu retten oder für den Notfall auf einen anderen Planeten umzusiedeln. Einen Planeten, der garantiert entmilitarisiert ist und nach dem alten Hippie-Vorbild der Blumenkinder funktioniert. Darum sind HENGE (nicht wie gemunkelt wird aus Manchester, sondern direkt) aus dem unendlichen All von ihrem Musik-Planeten, der ganz nah neben dem Planeten GONG liegen muss, direkt auf die Erde gekommen, damit sie mit ihrem intergalaktischen 'Cosmic Dross' (eine der wohl abgefahrensten Mixturen aus Space-Synthie-Pop trifft auf progressiven, oft elektronisch dominierten Art Rock sowie eine Indie-Fusion, die nach allen stilistischen – gerne auch jazzigen oder dubbigen und Nintendo-Computerspiel-Sounds – Mitteln greift) die Erdbewohner und -zerstörer wieder auf Kurs bringen können. Alle, die verrückt genug sind und zu ihrem friedlich-verrückten Musik-Freigeist stehen, der unbedingt unendlich sein muss, die werden HENGE erst belächeln, dann langsam verstehen und zuletzt bewundern. Alle erdverbundenen und immer gut im Interesse Anderer funktionierenden Zeitgenossen mit kleinbürgerlichem Hang zu musikalischer Hausmannskost, die vielleicht auch noch jeden Sonntag in die Kirche flitzen, die werden „Alpha Test 4“ von HENGE als pure Spinnerei oder gar Angriff auf die eigene Musikkultur verstehen. Die ziehen dann bitte vom Punktwert des dem sich der ersten Kategorie zurechnenden Kritikers einfach 12 Punkte ab...

Thoralf Koß - Chefredakteur (Info) (Review 1738x gelesen, veröffentlicht am )

Unser Wertungssystem:
  • 1-3 Punkte: Grottenschlecht - Finger weg
  • 4-6 Punkte: Streckenweise anhörbar, Kaufempfehlung nur für eingefleischte Fans
  • 7-9 Punkte: Einige Lichtblicke, eher überdurchschnittlich, das gewisse Etwas fehlt
  • 10-12 Punkte: Wirklich gutes Album, es gibt keine großen Kritikpunkte
  • 13-14 Punkte: Einmalig gutes Album mit Zeug zum Klassiker, ragt deutlich aus der Masse
  • 15 Punkte: Absolutes Meisterwerk - so was gibt´s höchstens einmal im Jahr
[Schliessen]
Wertung: 12 von 15 Punkten [?]
12 Punkte
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Tracklist:
  • Seite A (17:50):
  • Get A Wriggle On (2:47)
  • Self Repair Protocol (2:48)
  • Wanderlust (2:50)
  • Tardigrades (2:43)
  • DNA (3:41)
  • Altered State (3:01)
  • Seite B (17:43):
  • Ra (3:09)
  • First Encounter (3:53)
  • Alpha Test 4 (5:57)
  • Asteroid (4:44)

Besetzung:

  • Bass - Goo
  • Gesang - Zpor
  • Gitarre - Zpor
  • Keys - Grok, Goo
  • Schlagzeug - Nom

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Interviews:
  • keine Interviews
Kommentare
Falk
gepostet am: 14.08.2023

Ich habe gerade aus Neugier mal reingehört und finde "Alpha Test 4" sehr gelungen - vielen Dank für die Empfehlung! In gewisser Weise erinnert mich das Ganze an die letzten Veröffentlichungen von Pryapisme - vor allem an "Hyperblast Super Collider", "Futurologie" und "Diabolicus Felinae Pandemonium"; zugegeben instrumental und mit deutlicherer Metal-Schlagseite... aber vielleicht kann ich mich ja mit der Empfehlung "revanchieren"?
(-1 bedeutet, ich gebe keine Wertung ab)
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