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Romhart: Dystopia (Review)

Artist:

Romhart

Romhart: Dystopia
Album:

Dystopia

Medium: CD/Download
Stil:

Doom Rock

Label: Eigenproduktion
Spieldauer: 68:48
Erschienen: 14.04.2022
Website: [Link]

Das menschliche Dasein ist von Gegensätzen geprägt. Wir lieben und hassen uns und andere zu gleichen und doch ungleichen Teilen. Wir finden Liebe und Achtung an Orten und durch Handlungen, die zunächst selbstsüchtig und arrogant wirken oder ziehen unsere persönliche Kraft vielmehr aus emotionalen Tiefpunkten, denn aus den Sonnenstunden des Lebens. ROMHARTs „Dystopia“ transferiert diese Gegensätzlichkeit in düstere, aber doch romantisch anmutende Musik, die er passend als Doom-Rock bezeichnet.

Der Albumtitel ist dabei ebenso passend gewählt, wie er vielseitig interpretiert werden kann. Die melancholisch-depressive Stimmung der Musik wird dem Titel gerecht, die Texte sind relativ eindeutig geschrieben, lassen aber doch Raum für Interpretationen. Alles in allem findet sich zwar keine Sonnenscheinmusik auf „Dystopia“, ganz im Gegenteil, Texte wie der von „Dreamless Dreaming“ lesen sich wie die Verschriftlichung einer Depression. Allerdings findet ROMHART immer wieder lichte Ansätze, die seine Texte erstens lesenswert machen und zweitens existenzielle Fragen des Mensch-Seins aufwerfen.

„The Future is dark. The past is dark.“ singt ROMHART im Titeltrack und bringt damit die menschliche Not im Moment festzustecken auf den Punkt. Dabei wirken die Texte einerseits wie tieftraurige Tagebucheinträge, denn Zeilen wie „When I take medication to help me sleep. I prepare my memories to become dreams.“ zeugen von einer tiefsitzenden Irrung im persönlichen System. Andererseits zeigt ROMHART alleine durch den Umstand, dass er seine Gefühle und Gedanken zu Kunst macht, dass es einen Ausweg aus der eigenen Dunkelheit gibt.
Damit ist diese Musik auch eine Form von Therapie. Egal ob diese Therapie jetzt persönliche Läuterung/Erlösung zum Ziel hat, oder ob sie dazu dient, die eigenen Dämonen im Zaum zu halten und besser akzeptieren zu können, sie funktioniert. Denn wenn sie das nicht täte, würde dabei keine Kunst zustande kommen. Insofern liegt diesem Album bei aller Schwere, aller Dunkelheit und allem Schmerz auch eine Reinheit und Kraft zugrunde, die, auf lange Sicht gesehen, viel Heilungspotenzial hat.

Trotzdem gleicht „Dystopia“ einem Ritt auf der Rasierklinge. Denn wenn einem die persönlichen Dämonen bewusst sind, wird es umso schwieriger, sie als Teil seines Selbst zu akzeptieren. Und doch ist dieser Schritt die einzige Lösung um diesen Dämonen Herr zu werden. Dieses Dilemma wird sehr eindrücklich in der Kombination zweier Songs beschrieben: „Garb of Silence“ stellt einerseits die Frage nach einem persönlichen Ausweg aus der Dunkelheit und drückt einen Willen zum Leben aus, andererseits erklärt ROMHART in „Nothing to Hold on“, dass das Leben ein kompletter Kontrollverlust ist. Ohne persönlichen Fixpunkt an dem es sich festzuhalten lohnt.
So zermürbend das klingt, die beiden letzten Songs „The Void“ und „Birch Grove“ zeugen von einer persönlichen Läuterung und wirken wie Momente völliger Klarheit, aus denen sich wieder Kraft schöpfen lässt. Denn wo „The Void“ die Akzeptanz der eigenen Dunkelheit verkündet, gedeiht in „Birch Grove“ die Erkenntnis, dass auf eine persönliche Erschöpfung doch eine Art Erlösung und damit Sicherheit folgt. Egal wie tief das Tal, das durchschritten werden muss, ist, am Ende findet sich zumindest ein konsequenter Abschluss.
Ist das nihilistisch?
Wahrscheinlich.
Es birgt aber auch ein Stück Klarheit. Denn ein Ende, das sich wissentlich nähert, wird weniger gefürchtet. „I will be save“ singt ROMHART als letzte Zeile dieses Albums und macht damit doch noch ein kleines bisschen Hoffnung.

FAZIT: Es lohnt sich die Texte und die Musik auf „Dystopia“ intensiver zu betrachten. Denn nebenbei gehört, gehen fast alle Feinheiten, die ROMHART hier zeigt, verloren. Bei aktiver Auseinandersetzung fallen nach und nach mehrere Aspekte ins Gewicht. Die grundlegende Emotionalität ist sehr bedrückend und rutscht auch gerne mal ins Depressive ab. Hier und da finden sich aber auch Lichtschimmer. Ein positiver Gedanke, eine Zeile, die eben doch sowas wie persönlichen Frieden suggeriert, oder eine Formulierung, die sich von der Dunkelheit des Albums abhebt. Gleichzeitig liegt gerade in dieser Auseinandersetzung mit der eigenen Dunkelheit ein Schritt hin zur Freiheit. Denn wer seine Schattenseiten akzeptiert, kann viel besser mit ihnen umgehen. Vielleicht ist das eine passende Schlussfolgerung aus der Musik von „Dystopia“.

Dominik Maier (Info) (Review 3125x gelesen, veröffentlicht am )

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Wertung: 12 von 15 Punkten [?]
12 Punkte
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Tracklist:
  • Into the Dirt
  • Dreamless Dreaming
  • Dystopia
  • Lethe
  • Garb of Silence
  • Nothing to Hold on
  • Mirror Image
  • The Void
  • Birch Grove

Besetzung:

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