Die Zeichen der Zeit sind nicht gerade die besten.
Überall scheint Chaos auszubrechen: Klima-Katastrophe, Pandemie, Afghanistan… Und eine Politik, die sich in ihrer geballten Unfähigkeit und dem permanenten Gegeneinander statt Miteinander genauso treu bleibt, wie ein Raucher, der sich das Rauchen abgewöhnen will und tatsächlich glaubt, dass dies funktioniert, indem er nur die Zigaretten-Marke wechselt.
Müssen wir solchen Mist wirklich permanent an uns heranlassen?
Nein, denn es gibt auch Dinge, die sich in ihrer Schönheit treu bleiben – und ein ganz großes davon ist die Musik. Denn die ist wirklich schön und man kann darüber so unglaublich viel Schönes und Neues entdecken, so wie das Doppel-Album „Dark Forecast“ des polnischen Trompeters und Komponisten PIOTR SCHMIDT, das als weißes Doppel-Vinyl im Gatefold-Cover streng auf 300 Stück limitiert und von Hand nummeriert wurde.

Der 1985 geborene Jazz-Musiker wurde bereits in Polen mit Preisen überschüttet und gilt dort als führender Trompeter der jungen Jazz-Szene, der bereits 11 Alben in unterschiedlichen Besetzungen veröffentlicht hat.
Für das Doppel-Vinyl „Dark Forecast“, das als lebendige Musik-Antithese nicht etwa auf schwarzem, sondern weißem Vinyl verewigt worden ist, tritt er dieses Mal mit seinem PIOTR SCHMIDT QUARTET (Trompete, Bass, Piano, Schlagzeug und manchmal noch Gitarre und Saxophon) an und liebt besonders die verträumten, verspielten und etwas nachdenklich stimmenden Töne darauf. Kompositionen, die viel Raum für Improvisation lassen, aber denen auch eine innere Ruhe anzuhören ist.

Hierbei werden die stimmigen, ruhigen Melodien recht engmaschig mit freieren Improvisationen verwoben, die immer wieder zu der anfänglichen Melodie zurückkehren, um in ihrer Gesamtheit als geschlossenes Ganzes zu wirken. Wenn jemand – so wie der Kritiker – sich gerne die Serie „Bosch“ angeschaut hat, nicht nur der Handlung, sondern besonders auch der Jazz-Musik wegen, die eine Leidenschaft und Inspiration des Kriminalisten war, besonders weil viele der Stücke, die Bosch oft abends bei einem guten Glas Hochprozentigem genoss, von der Trompete lebten, dann wird er uneingeschränkt „Dark Forecast“ lieben und zum kleinen Jazz-Experten und Liebhaber wie der 'große Bosch' werden. Und sollte es draußen noch hell sein, dann reicht es, einfach die Augen zu schließen und schon nimmt einem die Musik auf dem Doppel-Vinyl gefangen, egal welche Seite man gerade auflegt.

Bereits die Song-Titel stimmen einen oft auf die schwebend-schöne Atmosphäre der Stücke ein: „Ballad“, „A Melancholy Time“, „Floating In The Wind“, „Shadows Of Darkness“… Also: Titel lesen, Augen schließen und die Musik auf sich wirken lassen, welche dem Titel seinen wahren Klang verleiht.
Jazz-Musik kann so schön sein. Man muss sich nur darauf einlassen. Und „Dark Forecast“ vom PIOTR SCHMIDT QUARTET wäre ein idealer Anfang dafür.

Und als hätte Schmidt trotz all der chaotischen Zeitzeichen und geballten Ladungen Idiotie ein feinfühliges Gespür dafür entwickelt, wie man diesem am besten entgegentritt, endet die weiße Doppel-LP mit „A Place Of Hope...“. Hier wird klar, warum das Vinyl weiß ist, denn es ist auch die Farbe der Hoffnung und des Friedens und egal, wie schwarz alles Andere um uns herum erscheinen mag, „Dark Forecast“ setzt den musikalischen Pinsel an und streicht es nach und nach weiß.

Spätestens mit diesem Album tritt PIOTR SCHMIDT in die Spuren eines der größten europäischen Jazz-Trompeter und zugleich Landsmannes von Schmidt, der 2018 im Alter von 76 Jahren verstarb: TOMASZ STAIKO, den man seiner 'dunklen Töne' wegen auch als den 'Edgar Allan Poe der Trompete' bezeichnete. Schmidt ist ein absolut würdiger Staiko-Nachfolger.

FAZIT: Moderner Jazz mit einem deutlichen 60er-Jahre-Gefühl, mal melancholisch, dann wieder verträumt und melodisch oder auch frei improvisiert und trotzdem elegant. Im Mittelpunkt steht zwar die wie Samt und Seide gespielte und manchmal nur angehauchte Trompete, doch auch was an Piano, Bass und Schlagzeug geleistet wird, ist meisterhaft. Das PIOTR SCHMIDT QUARTET fasziniert auf „Dark Forecast“ und bestätigt einmal mehr, dass Jazz-Musik aus Polen sich längst an die europäische Speerspitze gesetzt hat. Absoluter Kauf-Geheimtipp ist das weiße Doppel-Vinyl, das auf 300 Stück limitiert und von Hand nummeriert ist.