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Puhdys: In Rock (Review)

Artist:

Puhdys

Puhdys: In Rock
Album:

In Rock

Medium: Do-CD
Stil:

Deutsch-Rock

Label: AMIGA/Sony Music
Spieldauer: 127:55
Erschienen: 12.07.2019
Website: [Link]

Als die PUHDYS vor genau 35 Jahren ihren in der DDR zum Hit avancierten Song „Rockerrente“ mit dem banalen Refrain: „Es ist keine Ente / Wir spielen bis zur Rockerrente“, raushauten, war man sich wirklich nicht sicher, ob die linientreuen DDR-Vorzeige-Rocker, welche – im Gegensatz zu so vielen anderen deutlich weniger systemkonformen DDR-Bands – auch außerhalb der Mauer in der Weltgeschichte (mitunter sehr erfolgreich) touren durften, diese Rocknummer auch in die Tat umsetzen würden können. Und noch weniger ahnte man zu der Zeit, dass nur fünf Jahre später die Mauer fallen und vorerst einer Vielzahl von DDR-Bands damit den Garaus gemacht werden sollte. Die PUHDYS aber waren wie Unkraut und schafften tatsächlich das, woran so viele andere namhafte DDR-Musiker scheiterten: Sie spielten wirklich bis zu ihrer „Rockerrente“!

Der durchschlagende, dauerhafte Erfolg der PUHDYS begründete sich aber auch eindeutig auf der Vernichtung von RENFT, die mit ihren ehrlichen, kritischen und provokanten Texten, einem gigantischen Sänger (Thomas Schoppe alias Monster) und gänzlich an klassischen Hardrockvorbildern orientierte, perfekt dargebotene Rockmusik noch heißer geliebt wurden als die Mannen um Dieter „Maschine“ Birr, der nicht nur auf dem bereits „In Rock“ beigelegten Papp-Schuber im Mittelpunkt steht, sondern auch maßgeblich die Zusammenstellung von „In Rock“ übernahm.

In Rock“ ist eine weitere „Die großen Erfolge“-Scheibe mit PUHDYS-Hits, die allerdings doch ein paar Besonderheiten zu bieten hat und gleich im Titel auf zweierlei verweist: erstens das große Vorbild für die PUHDYS und zweitens, dass diese Zusammenstellung sich auf die härter rockenden Songs der gesamten Band-Ära konzentriert.
Wundert‘s da noch, dass parallel dazu in der nächsten Zeit auch eine weitere Hit-Sammlung mit den ruhigen Songs in den Startlöchern steht...

Dieses Album aber, das nicht nur vom Titel her mit der legendären DEEP-PURPLE-LP aus dem Jahr 1970 flirtet, sondern auf fast unverschämte (oder ironische) Weise auch deren Cover-Motiv übernimmt, rockt und rollt, begeistert mitunter, aber zeigt auch so einige Plattitüden auf.
Nun also sind die PUHDYS-Köpfe in den Fels geschlagen worden.
Noch besser hätte man die PUHDYS-Köpfe ja in (Bitte nicht mit „an“ verwechseln!) eine Mauer schlagen können, man denke nur an PINK FLOYD. Das hätte noch mehr gehabt. Gerade wenn man bedenkt, dass die Berufung des Keyboard-Puhdy Peter Meyer im Jahr 1973 in das DDR-Komitee für Unterhaltungskunst, an dem jeder Musiker, der in der DDR Erfolg haben wollte, zwecks Spiel- und Auftrittsgenehmigung vorbeimusste, besonders den PUHDYS riesige Möglichkeiten einräumte … und dass genau dieses Komitee im Jahr 1975 den ärgsten Konkurrenten der PUHDYS, die Gruppe RENFT, verbot und ihr alle Spielgenehmigungen – im Musikersprech als „Pappe“ bezeichnet – entzog, hat einen verdammt faden Beigeschmack. Egal, in welchem Land man lebt – das gilt leider auch noch heute – wenn man sich auch als Künstler der Politik nicht nur nähert, sondern auch anbiedert, wird der Erfolg nicht ausbleiben, ganz im Gegensatz zu denjenigen, die sich für den mutigen, aufrechten und von Ideologien abgewandten Gang sowie ihren Freigeist entscheiden. Als kleine Bestätigung hierzu noch ein Zitat des PUHDYS-Gitarristen und Gründungsmitglieds Dieter „Quaster“ Hertrampf: „Wir wollten nicht unbedingt Freiheitskämpfer sein. RENFT wollten die Welt verändern, wir wollten einfach nur Musik machen. Musik zu machen, hat funktioniert in der DDR!“
Moral und Mut blieben eingesperrt, verboten, bedroht – Anpassung und Gehorsam öffneten die kulturellen Schlagbäume in Richtung Freiheit. Das sagt viel über die DDR aus, auch den Erfolg der PUHDYS und wer mit einer gewissen Distanz und DDR-Kenntnis diese interessante Zusammenstellung hört, der wird ganz schnell bemerken, dass es wirklich spannend ist, anhand einer Band und deren Musik aus vier Dekaden sowie zwei völlig gegensätzlichen Systemen, von denen das eine nicht mehr existiert, zu lernen, was wir DDR-Bürger auch im Staatsbürgerkunde-Unterricht lernen mussten: Ehrlichkeit zahlt sich nicht aus, Anpassung an die Machthaber immer. Von den PUHDYS zu lernen, heißt zwar nicht siegen zu lernen, aber zumindest erst unter Hammer und Zirkel im Ehrenkranz auf Schwarz-Rot-Gold und dann unter Schwarz-Rot-Gold ohne Hammer und Zirkel im Ehrenkranz erfolgreich zu sein.

Übrigens liest sich für diejenigen, die als Mauerkinder fein eingesperrt im eigenen Land festsaßen, dann auch ein Satz im achtseitigen „In Rock“-Booklet, der sich auf den Erfolg der PUHDYS im Westen während der DDR-Zeiten bezieht – verfasst von Christian Hentschel (Melodie & Rhythmus / Schall) – wie eine schallende Ohrfeige: „Über die Achtziger, als […] sie die Westberliner Waldbühne ganz ohne DDR-Publikum ausverkauften [...]“
Wenn wir „Zonis“ dieses Konzert hätten anhören dürfen, wären garantiert auch alle PUHDYS-Hasser, denn polarisiert hat diese Band immer, bei dem Konzert mit dabei gewesen. So aber ist er ein Affront gegen all diejenigen, die in der DDR gefangensaßen, während die PUHDYS in der Freiheit vor Westpublikum spielten, uns aber sogar die Kontakte zum Westen untersagt waren. Sorry, aber dieser Satz wirkt selbst nach 30 Jahren Mauerfall noch voll daneben!

Aber auch das Klauen bei Anderen lohnte sich für die PUHDYS, denn besonders 1999 hatten sie ihre intensive RAMMSTEIN-Phase, welche sie erst 2004/2005 und dann 2012 noch einmal aufgriffen, hier nachzuhören auf „Wilder Frieden“, „Wut will nicht sterben“, „Der König“, „Klone mich“ und „Sei still“.

Am besten waren die PUHDYS jedenfalls – und das hat nicht viel mit Nostalgie zu tun – in ihren Anfangsjahren, den Siebzigern, mit solchen kleinen Hardrock-Meisterwerken wie „Geh dem Wind nicht aus dem Weg“ (mit herrlichen DEEP PURPLE-Parallelen), die beiden „Ikarus“-Teile, „Sturmvogel“ oder „Türen öffnen sich zur Stadt“, von der leider nur die schlappe Neuausgabe des Jahres 1999 auf dem Sampler zu hören ist.

Natürlich gehören zu dieser Zusammenstellung auch bis dato nicht veröffentlichte oder rare Versionen, wie die unveröffentlichte Demo-Version „Kleiner Arsch mit Ohren“, eine Lobeshymne auf den erfolglosen Boxer Axel Schulz, die besser im Archiv geblieben wäre und zwar nicht nur, weil der erhoffte Schulz-Comeback-Versuch gehörig in die Boxerhose ging und der gute Axel plötzlich selber wie der Arsch mit Ohren erschien, sondern weil auch Musik und Text ein gehöriges Fremdschäm-Potenzial, das wie eine Achsel-Deodorant-Werbung klingt, aufweisen, was sich umso stärker durch den dann folgenden, wirklich guten „Sturmvogel“ aus dem Jahr 1976 noch deutlicher abzeichnet.
Mit „Jeder Ton“ und das bereits erwähnte „Sei still“ haben es nun auch zwei bisher nur als digitale Versionen vorliegende Songs auf eine CD geschafft, die während der „Es war schön“-Albumproduktion 2012 entstanden.

Unabhängig von der Musik der PUHDYS ist aber der größte Kritikpunkt an diesem Album, dass man im Rahmen der „In Rock“-Veröffentlichung es nicht für nötig hielt, die Titel einem ordentlichen (Re-)Mastering zu unterziehen, sodass besonders die besten Stücke aus der frühen DDR-Zeit, die eigentlich die echten Highlights der Doppel-CD sind, oft deutlich dumpfer als die aktuelleren klingen. Und nach der x-ten Zusammenstellung von „Großen Hits“ (In der DDR durfte damals kein Schwein von einer „Best Of“ sprechen, also belassen wir es auch dabei!) der PUHDYS sollte man doch endlich mal begreifen, dass man durch ein ordentliches Remaster der alten Titel die Vermarktungsmaschinerie PUHDYS noch einmal zwar nicht anwerfen, aber mit besserer Qualität zum Laufen bringen sollte.

FAZIT: Vorsicht bei einem oberflächlichen Blick auf das Cover und den Album-Titel! Bei diesem „In Rock“-Doppel-Album bekommt man nicht etwa DEEP PURPLE sondern die PUHDYS geboten. Mit 29 rockigen Titeln aus 47 Band-Jahren, ausgewählt vom Frontmann Dieter „Maschine“ Birr. Auch weil es gerade in den Anfangsjahren so einige „Deep PUHDYS“-Parallelen gab, rechtfertigt dann diese etwas eigenartige Gestaltungsidee. Und dass es zu der Rock- auch noch eine Ruhe-Variante geben wird, ist doch klar. Am 6. September ist es dann mit den „Rockballaden“ so weit.

Thoralf Koß - Chefredakteur (Info) (Review 7140x gelesen, veröffentlicht am )

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Tracklist:
  • CD 1 (63:20):
  • Ikarus (1973)
  • Neue Helden (1989)
  • Der Außenseiter (1981)
  • Nie wieder werde ich weinen um dich (1980)
  • Wilder Frieden (1999)
  • Wut will nicht sterben (1999)
  • Was vom Leben bleibt (1982)
  • Computerman (1983)
  • Ich bin der liebe Gott (1999)
  • Marathon (1980)
  • Computer-Karriere (1983)
  • Der Stier (1988)
  • Türen öffnen sich zur Stadt (1999er-Version)
  • Sei still (2012)
  • Segelboote (2005)
  • CD 2 (64:35):
  • Melanie (1980)
  • Geister (2001)
  • Kleiner Arsch mit Ohren – bisher unveröffentlichte Demo-Version (2019)
  • Sturmvogel (1976)
  • Lust auf Abenteuer (2009)
  • Wilde Jahre (1978)
  • Harleytraum (2004)
  • Jeder Ton (2012)
  • Der König (2005)
  • Geh dem Wind nicht aus dem Weg (1972)
  • Rockerrente (1984)
  • Klone mich (2005)
  • Ikarus II (1978)
  • Hey, wir woll‘n die Eibär‘n sehn (1999)

Besetzung:

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Interviews:
  • keine Interviews
Kommentare
Luki
gepostet am: 13.07.2019

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Luki
gepostet am: 13.07.2019

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Luki
gepostet am: 13.07.2019

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