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Tripes: Suicide Jazz (Review)

Artist:

Tripes

Tripes: Suicide Jazz
Album:

Suicide Jazz

Medium: CD/Download
Stil:

Experimental Jazz

Label: Atypeek Music / Coax Records
Spieldauer: 40:14
Erschienen: 30.09.2015
Website: [Link]

Zwei Longtracks, die im Durchschnitt jeweils rund zwanzig Minuten andauern. Die aufgrund ihrer geringen Zahl und langen Laufzeit im ersten Moment unangepasst erscheinen, letztlich aber ideales LP-Format besitzen. Die unter der Etikette „Suicidal Jazz“ laufen, welche zugleich als Albumtitel dient. Wie erklärt man das?

Vielleicht mit Disziplin. Musiker, die den inneren Drang spüren, sich von anderen Musikern abzuheben, um „andere“ Musik zu machen, wissen, wie schwierig es ist, ein Leitmotiv minutenlang durchzuhalten, ohne von ihm abzuweichen. Wo man doch am liebsten Breaks und rhythmische Abweichungen einbauen würde, um die Richtung unvorhersehbarer zu gestalten. Trance nennt man diesen Verzicht im elektronischen Bereich, doch auch auf den Jazz ist er anwendbar.

Jean-Brice Godets Klarinette kann ein Liedchen davon pfeifen: Sie gibt auf dem ersten Stück das Leitmotiv an, das lediglich kurz von einem zweiten Motiv gegen Ende des ersten Drittels abgelöst wird. Die Variation erschöpft sich ansonsten in der Laut-Leise-Dynamik oder im zufällig erscheinenden Weglassen oder Kürzen vereinzelter Noten – mal fiept die Klarinette mit Bestimmtheit, mal haucht sie lediglich oder gerät gar in den Stimmbruch. Begleitet wird sie von Julien Chamlas legerem Smooth-Band-Schlagzeug und Marco Quaresimins Kontrabass. Dazwischen nur Luft. Die Instrumente musizieren gewollt nebenher und zielen damit auf eine unverbindliche Wirkung ab. Sie legen nahe, dass sich jeder der drei Musiker jederzeit ausklinken könnte, was in den Übergängen dann auch folgerichtig geschieht, wenn das Stück zum Duett oder gar Solo zusammengefaltet wird.

Der zweite Titel fällt sogar noch stärker auseinander, weil Chamlas und Quaresimin ihre antreibende Rhythmik gegen vermeintlich zufallsbasierte Interferenzen eintauschen und Godet zunehmend schrägere Töne beschwört – noch dazu steuern mindestens zwei Stimmen schamanenartigen Rufgesang bei. Es schwillt zu einem paranoiden Kamm an, mit akustisch verfremdetem Ausklang, der dann nochmals gebrochen wird.

FAZIT: Zweierlei Enden derselben Wurst. Repetition und Minimalismus dienen TRIPES in beiden Szenarien als Hauptwaffen zur Hypnosebeschwörung. Sie dürften zutiefst unterschiedliche Wirkungen damit hervorrufen; so konsequent reduziert, wie das Messer hier geführt wird, möchte man gerade bei Blick auf das provokante Cover-Artwork an die Selbstfiletierung beim Hara-Kiri denken, insbesondere an die Selbstbeherrschung, die bei jenem Ritus im Spiel ist. Ob das nun gefällt oder nicht, ist vermutlich eine sekundäre Frage. Jede Note könnte im Grunde unter dieser Kritik stehen; die gewählte soll verbildlichen, dass es auf jeden Fall Repetitive-Jazz-Alben mit vergleichbarer Struktur gibt, die spannender gerieten, etwa die Erzeugnisse von FIRE! ORCHESTRA. Unerschrockene Minimalisten hingegen können dennoch die Details sezieren und Begeisterung aus der Analyse gewinnen. Dass es hier nicht ganz gelungen ist, soll noch nicht an der künstlerischen Integrität des suizidalen Trios zweifeln lassen.

Sascha Ganser (Info) (Review 4020x gelesen, veröffentlicht am )

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Wertung: 7 von 15 Punkten [?]
7 Punkte
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Tracklist:
  • Why Tripes?
  • Omnia Vanitas

Besetzung:

  • Schlagzeug - Julien Chamla
  • Sonstige - Jean-Brice Godet (Klarinette), Marco Quaresimin (Kontrabass)

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