Die Ungerechtigkeit dieser Welt wird einem unmittelbar vor Augen geführt, wenn man diesem durch und durch beeindruckenden Debüt der Münchner Prog Metal Formation DRYAD´S TREE lauscht: Heerscharen von steril klingenden Progressive Metal Kombos überfluten mit hochglanzproduzierten und jeglicher Dynamik beraubten Standardveröffentlichungen einschlägige Labels, ernten ihren vorprogrammierten Applaus bei ebenso einschlägigen Magazinen und verschwinden danach wieder im Malstrom der monatlich veröffentlichen Albummassen. Und dann kommt ein bisher wenig beschriebenes musikalisches Blatt aus deutschen Landen daher, dessen musikalische Höhepunkte die gemeinsamen Gigs mit DISILLUSION und KORPIKLAANI darstellten, und zeigt mit seinem selbst produzierten Erstlingswerk, wie man Progressive Metal dynamisch, emotional, leidenschaftlich und - trotz technischen Könnens - songdienlich und warmtönend präsentieren kann.

DRYAD´S TREE verlassen sich nicht bloß auf komplexes Riffing, sondern spielen geschickt mit Stimmungen, nehmen Energie und Härte immer wieder zurück, lassen wohldosierte Akustikschmeicheleien ihre Wirkung entfalten, bauen Spannungen auf, die in vertrackten, heavy produzierten Riffs und wundervollen Melodien ihre Höhepunkte finden. Die Gitarrenarbeit ist wirklich erstklassig, denn trotz einer nicht geringen Breakdichte befindet sich alles im Fluss, nichts verkommt zu reinen Technikdemonstrationen, alles fügt sich den wohldurchdachten Songstrukturen.

Härte- und stimmungsmäßig bewegen sich DRYAD´S TREE auf DISILLUSION und OPETH Pfaden mit einer nur sehr dezenten DREAM THEATER Schlagseite. Reinhard Kleins Gesang wechselt zwischen introvertiertem Schöngesang cleaner Åkerfeldt-Prägung, kraftvoller Dramatik und derben Growls. Die teilweise deutlich über zehn Minuten langen Stücke strotzen vor Stimmungen und Abwechslung, und auch vereinzelt ausufernde Gitarrensoli (z.B. auf „Disdream“) lassen nicht eine Sekunde Langeweile zu, weil Leopold Meuer seine sechs Saiten mit mehr Gefühl und Melodieverständnis zum Schwingen bringt, als 90 Prozent aller Sänger der Szene ihre Stimmbänder.

FAZIT: Egal ob verträumte, von Regenprasseln begleitete Akustikballade oder vertracktes Riff-Ungetüm: DRYAD´S TREE beherrschen eine für den Prog Metal unerlässliche Bandbreite an Emotionen und Ausdruckskraft. „Comfort In Silence“ sticht einen Großteil der etablierten Bands mit einer Leichtigkeit aus, daß man sich zu fragen beginnt, wo diese Band eigentlich noch hin möchte. Unterstützt diese Musiker, kauft ihr neues, professionell produziertes Debüt und gebt ihnen verdammt nochmal den Plattenvertrag, den sie sich tausendmal verdient haben!