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Boss Keloid: Herb Your Enthusiasm (Review)

Artist:

Boss Keloid

Boss Keloid: Herb Your Enthusiasm
Album:

Herb Your Enthusiasm

Medium: CD
Stil:

Sludgy-Groove-Doom-Prog-Stoner-Metal...?

Label: Black Bow Records
Spieldauer: 59:33
Erschienen: 08.04.2016
Website: [Link]

Wenn eine Band bereits auf ihrem Debüt derart eigenständig agiert wie BOSS KELOID und damit den Nerv des Hörers so genau trifft wie in diesem Fall, macht sich ein wenig Angst vor dem Nachfolger breit. Ist die Truppe in der Lage, dem Geniestreich Gleichwertiges folgen zu lassen? Und wird es sich in ähnlichen Bahnen bewegen oder krempeln die Musiker ihren Stil von Platte zu Platte um?

Mit diesen Gedanken im Hinterkopf ist der erste Höreindruck des Zweitlings eine leise, wenn auch sehr subjektive Enttäuschung. Der perkussive, verwinkelte Brachialgroove des Vorgängers und die knochentrockene, ultradirekte Wucht der Produktion gehören der Vergangenheit an und machen einer deutlichen Neujustierung Platz. Zwar bleibt das zentrale Thema der Nordengländer nackenwirbelzerstörender Groove, atmosphärisch jedoch ist „Herb Your Enthusiasm“ sehr viel weniger abweisend – die brutale, urban anmutende, neurotisch-angepisste Härte weicht einer getragenen, einladenderen Mischung aus Melancholie und kontrollierter Wut. Ein Synästhetiker würde vielleicht sagen, die neue Scheibe klingt nicht mehr nach kaltem grau, sondern wärmeren Erdtönen.

Ist man nach einer Weile im komplexen Geschehen angekommen, wandelt sich das Bild und aus Enttäuschung wird Begeisterung. Obwohl die Band gängige Hörgewohnheiten nicht übermäßig strapaziert, indem sie sich in irgendwelche Extreme flüchtet, zeichnet sie sich nach wie vor durch eine überragende Kreativität im Detail aus und zaubert stets das Besondere aus dem Hut, das nicht nur Unverwechselbare, sondern eben auch Geniale. Die Elemente, derer sie sich dazu bedient, stammen aus Sludge, Doom, Prog, Classic Rock oder Stoner, ohne dass sie in einem dieser Genres zu verorten oder mit anderen Bands vergleichbar wäre.

Die stilistisch vorlagenfreien, walzenden, gleichzeitig dissonanten und mit individueller Melodik aufwartenden Riffgebirge drücken einen nicht eben an die Wand, sie treten einen gnadenlos mitten durch und sind dabei so fesselnd komponiert, dass sie bereits für sich kleine Geschichten erzählen. In Kombination mit dem vollmundigen Bassfundament und einem Schlagzeug, das feinfühlig immer einen Twist parat hält, ohne den Groove zu zerhacken, ergibt sich eine so spannende Klanglandschaft, dass es mehr im Prinzip gar nicht bräuchte – es würde nie langweilig. Was die extrem stimmungsvolle Platte noch unmittelbarer macht, ist der Sänger, der seit dem Debüt eine beachtliche Entwicklung hingelegt hat. Immer schon ein hervorragender Shouter, wirft er nun zusätzlich dermaßen mit Gänsehautmelodien um sich, dass es für ein paar Platten reichen würde. Dafür wählt er den Weg der größtmöglichen Geste und spannt Panoramen von Drama und Tragik, vor allem aber Ernst und echter Bedeutsamkeit vor dem Hörer auf. Dabei wählt er mit beängstigender Sicherheit immer genau den richtigen Ton, um das Donnergrollen zusammen zu halten, ihm eine weitere Facette sowie einen emotionalen Ankerpunkt zu verleihen. Abgerundet wird die Reise ins Innerste der Seele von einer grundehrlichen, mörderfetten Produktion, die einmal mehr die Frage aufwirft, warum eigentlich so viele Platten so beschissen klingen.

Insgesamt macht das Feintuning „Herb Your Enthusiasm“ trotz leicht gedrosselten Tempos fließender, geradliniger, persönlicher und zugänglicher als den Erstling, ohne dass die Band eines ihrer Stilelemente aufgeben würde. Die Gewichtungen wurden verändert, das Resultat ist wiederum bestechend.

FAZIT: Nach unserem Bewertungsschema bedeutet 15 Punkte „Absolutes Meisterwerk - so was gibt´s höchstens einmal im Jahr“. Da mir etwas so Großartiges wie dies sogar nur alle paar Jahre begegnet (das Debüt hat den letzten Punkt rückblickend ebenfalls verdient), muss hier die volle Punktzahl gezogen werden. BOSS KELOID sind eine unbedingte Empfehlung für alle, die mit den genannten Genres etwas anfangen können, aber auf der Suche nach Bands sind, die dennoch für sich selber stehen – nicht durch das Ausloten von Extremen, sondern durch kreatives Feuer und fantastisches Songwriting.

Hendrik Lukas (Info) (Review 7823x gelesen, veröffentlicht am )

Unser Wertungssystem:
  • 1-3 Punkte: Grottenschlecht - Finger weg
  • 4-6 Punkte: Streckenweise anhörbar, Kaufempfehlung nur für eingefleischte Fans
  • 7-9 Punkte: Einige Lichtblicke, eher überdurchschnittlich, das gewisse Etwas fehlt
  • 10-12 Punkte: Wirklich gutes Album, es gibt keine großen Kritikpunkte
  • 13-14 Punkte: Einmalig gutes Album mit Zeug zum Klassiker, ragt deutlich aus der Masse
  • 15 Punkte: Absolutes Meisterwerk - so was gibt´s höchstens einmal im Jahr
[Schliessen]
Wertung: 15 von 15 Punkten [?]
15 Punkte
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Tracklist:
  • Lung Mountain
  • Haarlem Struggle
  • Escapegoat
  • Cone
  • Axis Of Green
  • Highatus
  • Lung Valley
  • Elegant Odyssey
  • Chabal
  • Hot Priest In The House Of Owls

Besetzung:

Alle Reviews dieser Band:

Interviews:
  • keine Interviews
Kommentare
Thomas
gepostet am: 30.03.2016

Mit deren Vorstellung von "Gesang" kann ich nix anfangen
(-1 bedeutet, ich gebe keine Wertung ab)
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