Musikreviews.de bei Facebook Musikreviews.de bei Twitter

Partner

Statistiken

Die Apokalyptischen Reiter: Wie der Weltuntergang Teil meines Lebens wurde: 20 Jahre (Review)

Artist:

Die Apokalyptischen Reiter

Die Apokalyptischen Reiter: Wie der Weltuntergang Teil meines Lebens wurde: 20 Jahre
Album:

Wie der Weltuntergang Teil meines Lebens wurde: 20 Jahre

Medium: Buch
Stil:

Musikhistorie

Label: Verlag Nicole Schmenk
Spieldauer: 224 Seiten
Erschienen: 23.10.2015
Website: [Link]

Wenn Charakterkopf und Sprachrohr Fuchs DIE APOKALYPTISCHEN REITER im Vorwort ein "formloses Wesen" nennt, trifft er den floskelhaften Nagel tatsächlich auf den Kopf, denn die Zeit ihres Bestehens stilistisch heterogene Band ist auch intern ein Potpourri aus Einflüssen und Neigungen, Lastern und Tugenden. Diese Konstellation schreit nach einer Aufarbeitung der illustren Geschichte dieser Künstler (in vielerlei Hinsicht) aus dem Weimarer Raum, deren Musik in dieser Form vermutlich nur aus der ehemaligen DDR stammen konnte. Diese Behauptung hat übrigens nichts damit zu tun, dass etwa jemand 2015 noch zwischen den beiden früheren Teilen Deutschlands differenzieren oder gar Zwietracht säen möchte, und dürfte nicht einmal von den Protagonisten selbst kategorisch abgestritten werden.

Wie dem auch sei: "Wie der Weltuntergang Teil meines Lebens wurde" ist nun also die Historie der Gruppe und stammt aus ihrer eigenen Feder. Bassist Volkmar Weber hat den beträchtlichen Textanteil gemeinsam mit seinem Frontmann stemmt, super gelayoutet und vom Verlag einen hochwertigen Hardcover-Einband spendieren lassen. Das Buch enthält über 400 Abbildungen, die von Fotos über Tourneepässe bis zu Postern/Plakaten alles abdecken, und einen mehr oder weniger chronologischen Abriss der Entwicklung der APOs von bescheidenen Anfängen zu Zeiten des Sozialismus - Eindrücke aus der Ostmetall-Szene ergeben sich zwangsläufig, siehe das Kapitel "Zone, Kutten, Tonabnehmer" - über erste Demo- und professionelle Aufnahmen hinaus bis zum Branchenriesen Nuclear Blast.

Abgesehen vom Fließtext gibt es zahlreiche im Tagebuch- oder Kolumnen-Stil gehaltene Einsprengsel (Textfragmente) sowie O-Töne aus dem weiteren Umfeld der Band (UNLEASHED-Johnny, Thorsten Zahn vom Metal Hammer), was das Lesen eingedenk der bunten Aufmachung sehr kurzweilig macht. Die Schilderungen reichen bis in die jüngste Vergangenheit hinein (Stichwort Metal-Kreuzfahrt), doch der Weg bis dahin war weit: naive Kindheiten, unvernünftige Eskapaden diverser Art, und nicht selten die Wahl unbequemer Pfade, um sich selbst treu zu bleiben beziehungsweise das eigene Ding durchzuziehen. Anders hätten es die Beteiligten vermutlich auch gar nicht gekonnt, denn wenn man eines aus ihren Erzählungen lernt, dann dass der Zwang zum Improvisieren unter dürftigen Bedienungen Originalität begünstigt.

Besetzungswechsel - der bis zuletzt prekäre Posten an der Gitarre - werden ausgerollt, schrille Anekdoten zum Besten gegeben und die einzelnen Veröffentlichungen durchleuchtet; man berichtet von Tourneen im ehemaligen Ostblock (Abhandlungen über Busse inklusive), vom Stümpern (die vielen "ersten Male") und einer schließlich professionell agierenden Combo. Fuchs und Volk-Man sprechen die einstweilige Gefahr der Auflösung und Krisenzeiten ebenso an wie triumphale Momente, zeigen sich nachdenklich wie heiter und entsprechen damit ihrem Schaffen selbst, einer nicht zu fassenden Melange aus extremem Metal, Folk, "Deutschrock", Elektro und mehr.

Werbung in eigener Sache (Fuchs' bildende Kunst, die Webseiten seiner Mitmusiker, Nachruf auf Bandfreund Atze, 2015 verstorben) gibt es am Ende ebenso wie eine Diskografie, wobei aufstrebende Bands vor allem aus Underground-Bereichen wie dem Metal nach dem Lesen resümieren dürften, dass sie sich wieder auf den Boden der Wirklichkeit befinden, was ihre Ambitionen betrifft. Dennoch, mit Willen zum Durchsetzen und bewusster Eigenbrödlerei erreicht man sein Ziel - wie auch immer es aussehen mag. Angesichts der vielen Details und Wendungen wünscht man sich fast ein Glossar, aber falls dies ein Manko des Wälzers sein sollte, so bleibe es das einzige.

FAZIT: Beim Hören des 1997 erschienenen Debüts "Soft & Stronger" - noch bei Christoph Dobbersteins heute als Kult verklärtem Label Ars Metalli - hätte dieser Schreiber nie gedacht, 2015 noch etwas von der Band zu hören, zumal sie für so viele Menschen eine ungeheure wichtige Rolle spielt. Man muss DIE APOKALYPTISCHEN REITER nicht mögen - das wäre wohl auch nicht in ihrem Sinne -, aber mindestens ein bis zwei Hüte vor ihnen ziehen. Dieses Buch bleibt vorerst ultimativ für sie als Band wie auch vor dem Hintergrund allgemein, dass es sich um eine biografisch geprägte Drucksache aus dem Musikbereich handelt - eigenwillig, informativ, unterhaltsam.

Andreas Schiffmann (Info) (Review 5651x gelesen, veröffentlicht am )

Unser Wertungssystem:
  • 1-3 Punkte: Grottenschlecht - Finger weg
  • 4-6 Punkte: Streckenweise anhörbar, Kaufempfehlung nur für eingefleischte Fans
  • 7-9 Punkte: Einige Lichtblicke, eher überdurchschnittlich, das gewisse Etwas fehlt
  • 10-12 Punkte: Wirklich gutes Album, es gibt keine großen Kritikpunkte
  • 13-14 Punkte: Einmalig gutes Album mit Zeug zum Klassiker, ragt deutlich aus der Masse
  • 15 Punkte: Absolutes Meisterwerk - so was gibt´s höchstens einmal im Jahr
[Schliessen]
Kommentar schreiben
Tracklist:
  • ISBN: 9783943022339
  • Preis: 19,90 Euro

Besetzung:

Alle Reviews dieser Band:

Interviews:
  • keine Interviews
(-1 bedeutet, ich gebe keine Wertung ab)
Benachrichtige mich per Mail bei weiteren Kommentaren zu diesem Album.
Deine Mailadresse
(optional)

Hinweis: Diese Adresse wird nur für Benachrichtigungen bei neuen Kommentaren zu diesem Album benutzt. Sie wird nicht an Dritte weitergegeben und nicht veröffentlicht. Dieser Service ist jederzeit abbestellbar.

Captcha-Frage Welche Farbe hat eine Erdbeere?

Grob persönlich beleidigende Kommentare werden gelöscht!