Musikreviews.de bei Facebook Musikreviews.de bei Twitter

Partner

Statistiken

The The: Ensoulment (Review)

Artist:

The The

The The: Ensoulment
Album:

Ensoulment

Medium: CD/LP/Download
Stil:

Indie-Rock, Post-Punk, New Wave, Gitarren-Pop, Art-Rock, Alternative-Pop, Electro, Blues

Label: Cineola/earMUSIC/Edel
Spieldauer: 45:25
Erschienen: 06.09.2024
Website: [Link]

Rückblende ins Jahr 1983, als kühle Synthie-Sounds, alberne „New Romantics“ und der "Sunshine Reggae" von Laidback die reichlich öde Pop-Szene dominierten: Wie exotisch und seiner Zeit voraus klang damals doch dieser junge Bursche namens Matt Johnson alias THE THE. Der Beweis: "Soul Mining" - ein stilistischer Solitär, ein Album mit Langzeitwirkung. 

Zurück in der Gegenwart: Wer heute die besten Eighties-Platten auflistet, kommt an "Soul Mining" von THE THE kaum vorbei. 

Wie Johnson, der die Platte unter dem ironischen, schon vor Google-Zeiten sperrigen Projektnamen mit dem Doppel-The veröffentlichte, hier Postpunk, Underground-Noise, Blues, Afrobeat, New Wave, Electro und Gitarren-Rock mixte, war so unerhört mutig und modern, dass es noch heute fasziniert. Beim wunderbar eingängigen "This Is The Day", spätestens aber bei "Uncertain Smile" (mit dem berühmten perlenden Piano-Solo von Jools Holland am Schluss) war eigentlich klar, dass ein kommender Superstar der britischen Rockmusik die Bühne betreten hatte.


Ganz so kam es dann nicht, auch wenn die 1979 gegründeten THE THE mit den teils stark politisch-polemisch aufgeladenen Nachfolge-Werken "Infected" (1986), "Mind Bomb" (1989) und "Dusk" (1993) durchaus Erfolge bei den Kritikern erzielten und auch recht weit oben in den Charts landeten. Mit dem Cover-Album "Hanky Panky" (1995) und "NakedSelf" (2000) sank der Stern des notorisch pessimistisch klingenden Johnson, der irgendwann als Sänger/Songschreiber fast völlig verstummte und nur noch instrumentale (Soundtrack-) Arbeiten vorlegte.

Mit "The Comeback Special (Live At The Royal Albert Hall)" von 2021 bewiesen THE THE immerhin ihre ungebrochenen Bühnenqualitäten, und ein Comeback war damit ja auch bereits quasi eingetütet. Jetzt ist es soweit, und es ist großartig - angefangen beim sinister groovenden, aufmüpfigen "Cognitive Dissident" bis zum fast schon gospeligen Closer "A Rainy Day In May". Dazwischen liegen weitere typische, tolle Tracks, teilweise wie gehabt mit abenteuerlichen Titeln wie "Some Days I Drink My Coffee By The Grave Of William Blake" oder "Linoleum Smooth To The Stocking Foot" (Matt Johnson war auch als Texter schon immer ein rätselhaftes Genie).


Nicht nur im Albumtitel knüpft "Ensoulment" bei "Soul Mining" an, sondern auch mit den Stimmungen und der musikalischen Qualität der insgesamt zwölf neuen THE THE-Songs. Johnson, mittlerweile 63, raunt und croont immer noch geheimnisvoll im sonoren Bariton, die Soundkulissen sind weiterhin schön düster, die derzeitigen Begleiter (Barrie Cadogan an der Gitarre, Earl Harvin am Schlagzeug, James Eller am Bass und DC Collard an den Keys) selbstverständlich exquisit. 


Wo früher prominente Gastmusiker wie der eingangs erwähnte Jools Holland, Neneh Cherry, Sinead O'Connor oder Johnny Marr (The Smiths) bei THE THE für Aufsehen sorgten, dominiert jetzt eine kompakte Band, die gelegentlich durch Backing-Vocals von Gillian Glover und jazzige Bläser-Arrangements von Terry Edwards ergänzt wird. Die Platte sei "unter sehr glücklichen Umständen entstanden", sagt Johnson zufrieden. "Mit einer großartigen Stimmung zwischen der Band und all den Leuten, die daran gearbeitet haben. Es wurde viel nachgedacht, viel gearbeitet, viel geliebt und viel gelacht!“ 


Einer der besten "Ensoulment"-Tracks ist "Where Do We Go When We Die?", eine verschattete, nach den letzten Dingen fragende Ballade - und man ahnt, dass Johnson weiterhin kein unbeschwerter Mensch ist. Dennoch, so der Sänger kürzlich im "Independent"-Interview, sei er inzwischen eigentlich eher optimistisch. Todesfälle in seiner Familie hätten ihn "erweicht", er habe mehr Vertrauen in die menschliche Natur und mehr Hoffnung für die Welt als seine Lieder es vermuten ließen. 


FAZIT: Schön, dass es Matt Johnson, diesem großen Individualisten des britischen Wave-Pop der 80er- und 90er-Jahre, wieder einigermaßen gut geht. Hoffentlich bleibt er nun produktiv - denn wir können künftig noch weitere starke Alben wie "Ensoulment" von THE THE gebrauchen. Ein weiterer Pop-Klassiker wie "Soul Mining" wird ihm vermutlich nicht mehr gelingen, aber für eines der besten Comebacks dieses Jahres reicht es allemal.

Werner Herpell (Info) (Review 2477x gelesen, veröffentlicht am )

Unser Wertungssystem:
  • 1-3 Punkte: Grottenschlecht - Finger weg
  • 4-6 Punkte: Streckenweise anhörbar, Kaufempfehlung nur für eingefleischte Fans
  • 7-9 Punkte: Einige Lichtblicke, eher überdurchschnittlich, das gewisse Etwas fehlt
  • 10-12 Punkte: Wirklich gutes Album, es gibt keine großen Kritikpunkte
  • 13-14 Punkte: Einmalig gutes Album mit Zeug zum Klassiker, ragt deutlich aus der Masse
  • 15 Punkte: Absolutes Meisterwerk - so was gibt´s höchstens einmal im Jahr
[Schliessen]
Wertung: 12 von 15 Punkten [?]
12 Punkte
Kommentar schreiben
Tracklist:
  • Cognitive Dissident
  • Some Days I Drink My Coffee By The Grave Of William Blake
  • Zen & The Art Of Dating
  • Kissing The Ring of POTUS
  • Life After Life
  • I Want To Wake Up With You
  • Down By The Frozen River
  • Risin' Above The Need
  • Linoleum Smooth To The Stocking Foot
  • Where Do We Go When We Die?
  • I Hope You Remember (The Things I Can't Forget)
  • A Rainy Day In May

Besetzung:

Alle Reviews dieser Band:

Interviews:
  • keine Interviews
(-1 bedeutet, ich gebe keine Wertung ab)
Benachrichtige mich per Mail bei weiteren Kommentaren zu diesem Album.
Deine Mailadresse
(optional)

Hinweis: Diese Adresse wird nur für Benachrichtigungen bei neuen Kommentaren zu diesem Album benutzt. Sie wird nicht an Dritte weitergegeben und nicht veröffentlicht. Dieser Service ist jederzeit abbestellbar.

Captcha-Frage Was kommt aus dem Wasserhahn?

Grob persönlich beleidigende Kommentare werden gelöscht!