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Sören Vogelsang: Optimismus Prime (Review)

Artist:

Sören Vogelsang

Sören Vogelsang: Optimismus Prime
Album:

Optimismus Prime

Medium: CD/LP/Download/USB-Stick
Stil:

Liedermacher, Pop, Folk

Label: Pretty Noise Records
Spieldauer: 33:07
Erschienen: 26.05.2023
Website: [Link]

„Wann habe ich zuletzt was Verrücktes gemacht? Und wann habe ich vor Freude geweint?“
Mit diesen beiden Fragen von „Irgendwann zu spät“ eröffnet SÖREN VOGELSANG sein drittes Solo-Album „Optimismus Prime“. Und genau dieses Gefühl treibt auch den Kritiker bei seiner 'Prime'-Besprechung. Also vor Freude zu weinen, nein, das löst Vogelsang nicht aus, aber ein Beeindrucktsein über die Texte und den immer besser werdenden und nun richtig guten Gesang sowie die breite stilistische Ausrichtung. Der Mann und seine Gitarre, dem man längst als Solist ein wirklich hohes NIVEAU unterstellen darf, wird mit der tatkräftigen Unterstützung seiner Mitmusiker immer besser. Er schreibt Texte, die nachdenklich machen, aber auch unterhalten oder einen herzhaft lachen lassen, weil man sich darin (nicht gerade von seiner besten Seite) wiedererkennt, wie im „Nerd“, der zugleich auch ziemlich deutlich nach einer Referenz an DIE ÄRZTE klingt.

Aber der bei DAS NIVEAU nur zu gerne oft über das Vögeln singende Sänger kann solistisch auch ganz anders – mitunter ernst und traurig und eben genauso optimistisch, ohne sich dabei zu verbiegen.
Hier wird jedenfalls nicht gevögelt sondern gefühlt!
Und gerade Vogelsangs Texte, wie beispielsweise in „Große Freiheit“, stimmen einerseits nachdenklich und wirken andererseits persönlich sehr bewegend. Hier kommt seine ganz besondere vogelsangsche Stärke durch. Das tiefe Gefühl, das man endlich auch in seiner Stimme vernimmt, die bewegt und bei der klaren Intonation der deutschen – fast rundum gelungenen und ansprechenden – Texte regelrecht erst einmal zum genauen Hinhören zwingt.

Man will einfach erfahren, worum es in ihnen geht, wenn sich beispielsweise plötzlich traurig ein Cello erhebt und wortwörtlich einige Zeilen unterstreicht oder druckvolle Bässe einen Song mit einem VERSENGOLD-Wirkungsgrad wie „Irgendwann zu spät“ überraschend vorantreiben und einen über die eigene Einstellung zum Leben (spätestens nach der überstandenen, von einer Pandemie aufgezwungenen Isolation) nachdenken lässt: „Irgendwann, ja irgendwann, sobald es geht / Irgendwann ist irgendwann zu spät […] Wer weiß schon genau, wie viel Zeit einem bleibt? / Irgendwann ist es einfach vorbei...“

Ganz geschickt auch die Wortspielereien oder gleich ganze Wortneuschöpfungen, mit denen der Bonner Liedermacher und NIVEAU-Barde in einigen seiner Texte aufwartet, wenn er beispielsweise in dem (ja ist das jetzt nun wirklich ein) Liebeslied „Schaukeln“ über das 'Tiefgefühlfach meines Lebens' singt und im Refrain zu der Feststellung kommt: „Denn ich liebe dich / ich liebe dich nicht mehr / Doch ich liebe dich / Auch nicht weniger“.

Hat man, am besten nachdem man sich das 12-seitige Booklet zur Hand genommen und alle Texte mitgelesen hat, sich eine umfassende Übersicht zu den poetischen Inhalten hinter der liedermachenden, optimistisch klingenden Prime-Mitgliedschaft verschafft, dann funktioniert dieses Album auch bestens als reines Hörfutter, das mal im Pop- oder Indie-, aber auch Folk- und Balladen-Bereich mit schönen und eingängigen Melodien aufwartet, selbst wenn es in „Asoziale Medien“ auf so zynische Angriffe gegen die sich in komplett mediale Abhängigkeiten begebenden Zeitgenossen, welche dieser Sucht einfach nicht mehr Herr oder Frau werden, zurückgreift und ihnen ihr eigenes Handydisplay vor die unkontrollierbar zur App gewordenen Larve hält: „Mein Smartphone blinkt und schon klickt der Instinkt...“

Und dann sind da noch die zwei Duette auf „Optimismus Prime“, die das Album zusätzlich bereichern, während bei „Fleck“ ausgiebig JONNY seinen vokalen Teil zu den Flecken, von denen jeder eine Geschichte erzählt, mit beiträgt und dann das große bewegende Finale mit „Salud“. Hier wird Vogelsang von RONJA MALTZAHN, einer großartigen Musikerin begleitet, die 2021 als Gewinnerin des von Udo Lindenberg gestifteten Panik-Preises zur Unterstützung musikalischer Newcomer hervorging und stimmlich etwas an ALIN COEN erinnert. Und wenn sich jetzt wer fragt: 'Der Name sagt mir doch was?', dann liegt er nicht falsch. Denn diese hochbegabte Sängerin und Multiinstrumentalistin ging tatsächlich wegen ein paar biologisch abbaubaren Kulturbanausen, die unter dem Deckmantel des Klimaschutzes totalen Schwachsinn verbreiteten, durch die Presse, als die freitäglichen, im Sinne des Klimas schulschwänzenden „Fridays For Future“ der Hannoveraner Ortsgruppe sie von einem Konzert ausluden, da Maltzahn Dreadlocks trug (übrigens Ausdruck der Rastafari-Bewegung, die sich für die Rechte dunkelhäutiger Menschen einsetzt und beispielsweise auch von der weißen, den Grünen angehörenden, ehemaligen schwedischen Kulturministerin Amanda Lind getragen werden), was angeblich als kulturelle Aneignung eines Symbols der Schwarzen Bürgerrechtsbewegung und darum aus antikolonialistischer und antirassistischer Sicht nicht zulässig sei. Liebe Leute, da geht einem ja die Hutschnur oder besser die Rasta(fari)-Strickmütze hoch. Mit solcher Verbotsidiotie entstehen Diktaturen, das sollte man als halbwegs gebildeter junger Mensch, wenn man ein wenig in Geschichte aufgepasst hat (außer die Stunden waren immer freitags...), doch wissen. Noch dazu erinnert sich der Kritiker, der genau in solch einer Diktatur der DDR groß geworden ist, nur zu gut daran, wie man ihn in der Schule dazu zwingen wollte, dass er sich seine langen Haare abschneiden lassen sollte, weil das angeblich asozial sei und einem sozialistischen Jugendlichen nicht gerecht wird, sondern das Ansehen des ganzen Landes schädigt (Ja, so war das zu den Zeiten – 1976 – als man Biermann ausgebürgert hatte!). Nun also beginnen ein paar demokratisch unbeleckte Klima-Bewegte sogar eine so begabte junge Musikerin, die sich die Freiheit nimmt, ihre Haare so zu tragen, wie es ihr am besten gefällt, von einem Konzert auszuladen. Da wäre garantiert auch ein Bob Marley samt Rastas und Strickmütze in Wallung gekommen bei so viel ignorant-gefährlichem Schwachsinn. Wie schön, dass im Grunde „Salud“ schon durch die Mehrsprachigkeit und auch den Text dieses lebensoffene, freiheitliche Gefühl repräsentiert, das ein paar eigenartige moralinsaure Zeitgenossen und Zeitgenössinnen am liebsten verbieten würden.
Ein herrlicher Abschluss dieses Albums.
In diesem Sinne also 'Gesundheit'!

FAZIT: Auf seinem dritten Solo-Album läuft SÖREN VOGELSANG genau zu dem auf, was seine Band DAS NIVEAU bisher vom Namen her versprach, aber nicht halten konnte. „Optimismus Prime“ ist richtig gute Liedermacherkunst mit viel Gefühl und einer breit angelegten instrumentalen Umrahmung zwischen Pop, Folk, Indie, ein paar elektronischen Beats und dem Hang zu balladesken Tönen. Auch die beiden Duette, von dem als großes Album-Finale besonders „Salud“ mit RONJA MALTZAHN besticht, verleihen diesem optimistischen Album trotz vieler nachdenklicher Töne eine bleibende Wirkung, die nicht wie andere Liedermacher-Alben, die man ein paarmal hört und dann wieder weglegt, weil im Mittelpunkt vorrangig die Texte standen, eine bleibende und musikalisch sehr unterhaltsame Wirkung.

Thoralf Koß - Chefredakteur (Info) (Review 1741x gelesen, veröffentlicht am )

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Tracklist:
  • Irgendwann zu spät
  • Schaukeln
  • Fleck (feat. Jonny)
  • Optimismus Prime
  • Nerd
  • Große Freiheit
  • In meinem Kopf
  • Asoziale Medien
  • Danke
  • Salud (feat. Ronja Maltzahn)

Besetzung:

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