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Anna Loos: Das Leben ist schön (Review)

Artist:

Anna Loos

Anna Loos: Das Leben ist schön
Album:

Das Leben ist schön

Medium: CD/LP/Download
Stil:

Deutsch-Pop und -Rock

Label: BMG/Warner
Spieldauer: 46:55
Erschienen: 02.06.2023
Website: [Link]

Endlich mal wieder Zeit, ordentlich Optimismus zu verbreiten. Denn wer, bitteschön, stellt in den Zeiten der drei K – wie Krieg, Krisen, Klimawandel – schon fest: „Das Leben ist schön“?
Diesbezüglich gibt es doch tatsächlich eine Schauspielerin und ehemalige Sängerin von SILLY: Ihr Name ANNA LOOS, ihr Album „Das Leben ist schön“, ihre Absicht allerdings noch nicht ganz klar.

Denn wirft man einen Blick auf das Album-Cover, dann schaut uns die Musikerin doch mit einer Portion Skepsis im Blick an. Eine Skepsis, die wir auch in ihren Texten wiederfinden, in denen sie uns ihre Gedanken- und Gefühlswelt mitunter schonungslos offenlegt und die beileibe keine Friede-Freude-Eierkuchen-Stimmung vermitteln, aber oftmals auch viel zu einfach gestrickt sind.

Im schlimmsten Falle werden sogar Erwartungen an einen Song geweckt, die dann recht jämmerlich zugrunde gerichtet werden. Bestes Beispiel hierfür ist „Mauern“. Ein Titel, der gerade bei Menschen, die (genauso wie die Musikerin und ihr Mann Jan Josef Liefers) im Osten großgeworden sind, garantiert völlig andere Erwartungen weckt, als das, was ihn dann in dem hymnischen 'Wie kann ich dich erobern, ohne dich zu verletzen?'-Lied mit solchen Zeilen wie: „Ich versprech / Dass ich dich nicht zerbrech / Wir müssen uns nur trauen / Ich pass auf uns auf / Komm reiß deine Mauern ein...“, erwartet.
Da baut man beim Hören eher innerlich eine Mauer gegen den Song auf, den man gerne „Vorurteile“ oder „Zweifel“ hätte nennen können – aber „Mauern“? Nein danke!

Demgegenüber stehen die traurigen Songs, die durchaus eine deutlich stärkere Wirkung erreichen. Der über 6 Minuten lange „Schatten“ ist einer davon, der auch textlich mehr bewegt, da hier die Wunden, welche durch eine Trennung aufbrechen, sehr emotional besungen werden und sogar musikalisch am Ende eine post-rockige, sich aufbäumende Stimmung erzeugt wird. Ein Highlight auf der Platte, gerade weil er in keinerlei Beziehung diese „Das Leben ist schön“-Stimmung verbreitet. Wenn dann allerdings mit „Steine auf meinem Glück“ eine seltsame NDW-Stimmung samt Schunkelmelodie und eingestreuten englischen Textpassagen sowie Electronics plus roboterartig verfremdeten Gesang verbreitet wird, geht die „Schatten“-Stimmung auch schon wieder den Bach runter, dessen „Schatten“-Quelle doch so sehr hoffen ließ.

Zum Glück wird die LP-B-Seite dann wieder mit einem dieser traurigen Stimmungs-Songs eröffnet. „Letzte Chance“ steigert sich zudem zu einem Stück, das mit seinem interessanten Schlagzeugspiel einer gelungenen Hookline im Refrain entgegenfiebert: „Sind alle unsere Chancen erst vergeben / Nehm ich die letzte / Nehm ich die letzte und steh auf...“
„Sturmpilot“ setzt dann auf mehr Pathos mit keyboardgenerierten Streicherklängen und einem angenehmen 70er-Jahre-Flair, das ein wenig ins Schlagerhafte abrutscht, aber dann doch durch ein paar rockigere Momente wieder auf den Boden des Unpeinlichen zurückgeholt wird.
Hat man den Sturm überstanden, dann wartet schon der Regen auf einen, der wiederum auf ordentliches Pop-Appeal und Beziehungsproblemchen setzt: „Lass uns die dunklen Wolken / Einfach wegschieben / So vieles geht zu Ende / Doch wir sind geblieben.“ Ja, da muss man erstmal drauf kommen. Auslöser für den Text war wohl die 'Regenwetter-Weisheit' von der Anna-Oma, trotzdem gilt: Hier fehlt ein ordentliches Gewitter statt dieses musikalischen Landregens.

Hört man ANNA LOOS' zweites Solo-Album, so wird einem spätestens zu diesem Zeitpunkt klar, dass die Trennung von SILLY die einzig richtige Entscheidung war, denn musikalische wie auch textliche Interessen zwischen Band und ehemaliger Sängerin gehen recht deutlich auseinander. ANNA LOOS beschäftigt sich vorrangig in ihren Songs mit sich selber und allem, was ihr persönlich am Herzen liegt, während sie sich musikalisch irgendwo zwischen SILBERMOND und JULI ansiedelt oder auch der NDW-NENA mit deren 80er-Jahre-Träumen und den Luftballons, die plötzlich zur Kriegsgefahr werden können, nahekommt. Das alles passt zu ihr und ihrer Stimme bzw. Stimmung recht gut, wobei sie ihre Einstellung zum Leben zugleich mit einem Zitat von Buddha, das wir im Inneren des LP-Klappcovers finden, zum Ausdruck bringt: „Das Leben ist kein Problem, das es zu lösen gilt, sondern eine Wirklichkeit, die es zu erfahren gilt.“ Unter philosophischem Gesichtspunkt könnte man Stunden über diese religiöse These diskutieren, aus Loos'-Sicht schlägt sich die Erkenntnis eben in „Das Leben ist schön“ nieder, weswegen sie auch ihr Album mit dem gleichnamigen Song beginnt: „Manchmal sind die schwersten Dinge / Plötzlich ganz einfach / Das Leben ist schön“.
Wirklich überzeugend ist diese Kombination in dem Moment nicht, darum sollte man noch wissen, dass genau dieser Song ihrem Mann gilt und nicht als allgemein daherkommende Erkenntnis zu verstehen ist.

Zum Glück schreibt ANNA LOOS keine Drehbücher, denn die würden ziemlich nichtssagend und einfallslos ausfallen. Denn ihre Texte auf „Das Leben ist schön“ sind genauso, wie es der Titel verspricht: Schön, unkompliziert, einfach gestrickt und fein gereimt. Auch sind sie der Beweis dafür, warum die Sängerin bei SILLY überfordert war – und zwar genau in dem Moment, als sie entschied, auch deren Texterin zu werden und einen echten Lyrik-Giganten und kritischen Zeitgeist wie beispielsweise Werner Karma zu verdrängen versuchte. ANNA LOOS ist Schauspielerin, Performerin und Musikerin. Zur begabten Texterin aber fehlt ihr doch (noch) einiges.

Allerdings wartet (fast) am Ende des Albums noch eine faustdicke Überraschung auf einen – und zwar „Felder“. Ein Song der richtig rockt und tatsächlich etwas SILLY-Atmosphäre – und zwar die der bissigen Art – verbreitet. Doch auch hier geht’s mal wieder um Trennungsschmerzen. Ein Thema, das sich in den Loos-Texten häufig wiederholt, sodass man sich irgendwann die Frage stellt, warum das Album nicht „Das Leben ist schwierig“ heißt: „Ich stolper über Felder / Auf der Suche nach dem Licht / Lauf über Minen durch die Wälder / Bis mein Herz aus Eis zerbricht.“

Und wenn uns mit „Hunderttausend Farben“ auch eine gehörige Prise Optimismus entgegenschlägt, so passt zu dem zweiten Solo-Album von ANNA LOOSDas Leben ist schön“ dann doch eher ihr Blick, den sie uns vom Cover entgegenwirft, als der gewählte Titel.

FAZIT: ANNA LOOS, die ehemalige SILLY-Sängerin, versucht auf ihrem zweiten Solo-Album „Das Leben ist schön“ offensichtlich Optimismus zu verbreiten, was mit dem Hintergrundwissen, dass dieses Album zu Pandemie-Zeiten entstand, doch etwas verwundert. Diese Erwartung geht bei den oft doch nachdenklichen, lyrisch aber nicht wirklich beeindruckenden, Texten (zum Glück) nicht in Erfüllung, denn das hätte in die Pandemie- wie auch die gegenwärtigen Zeiten einfach nicht wirklich gepasst. Ihre Entscheidung aber, weit weg von den SILLY-Zeiten, sich eingängigem Deutsch-Pop mit durchaus aufblitzendem Rock-Appeal zu widmen und dabei ihre Stimme und Stimmung in den Vordergrund zu rücken, ist eine kluge Wahl. Am Ende reiht sich „Das Leben ist schön“ in die Reihe der deutschsprachigen Pop-Alben ein, die man immer mal wieder gerne hört, aber nicht ständig aus dem Plattenschrank holt, weil es viele zu viele ähnliche LP's gibt (Von denen „Das Leben ist schön“ allerdings sehr gut produziert und mit Klapp-Cover sowie bedruckter 'Augen'-Innenhülle ansprechend gestaltet ist!), die ganz ähnlich wirken und klingen, dafür aber oft auch besser getextet sind.

Thoralf Koß - Chefredakteur (Info) (Review 2310x gelesen, veröffentlicht am )

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Wertung: 9 von 15 Punkten [?]
9 Punkte
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Tracklist:
  • Seite A (24:20):
  • Das Leben ist schön (3:17)
  • Wenn es so nicht mehr weitergeht (3:58)
  • Für immer (3:27)
  • Schatten (6:14)
  • Steine auf meinem Glück (3:40)
  • Mauern (3:44)
  • Seite B (22:35):
  • Letzte Chance (4:15)
  • Sturmpiloten (3:59)
  • Regenwahrscheinlichkeit (3:40)
  • Hunderttausend Farben (3:29)
  • Felder (3:55)
  • Alles in uns brennt (3:17)

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