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Mari Kalkun: Ilmamötsan (Review)
Artist: | Mari Kalkun |
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Album: | Ilmamötsan |
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Medium: | CD | |
Stil: | Estland Folk |
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Label: | Nordic Notes / Broken Silence | |
Spieldauer: | 51:25 | |
Erschienen: | 26.01.2018 | |
Website: | [Link] |
Sieben lange Jahre hat es nunmehr gedauert, bis die estländische Musikerin, Multiinstrumentalistin an den in Estland traditionellen Instrumenten – Kannel (griffbrettlose estnische Kasten-Zither), Akkordeon, Harmonium, Glocken- und Glockenspiele – und hervorragende Sängerin, die mit ihrer Stimme neben dem Gesang zugleich die ungewöhnlichsten Klangfarben erzeugt, ein weiteres, ihr insgesamt drittes, Solo-Album veröffentlicht, das dank des Labels Nordic Notes nun auch in unseren Breitengraden komplikationslos zu erwerben ist. Und wieder verzaubert sie darauf mit ihrer „Stimme aus den Tiefen der estnischen Wälder“ und den im südestnischen Dialekt Voro gesungenen Texten, deren Inhalt im Booklet auf Englisch ausgiebig erläutert wird, ihre Hörer. Genauso wie es ihr bereits gemeinsam mit der finnischen Band RUNORUN auf „Tii Ilo“ gelang.
Dass MARI KALKUN bereits 2013 für ihr zweites Solo-Album als beste Sängerin bei den Ethno Music Awards ausgezeichnet wurde, ist auch auf „Ilmamötsan“ unüberhörbar, denn was die mit einem in traditionellem Gesang Studierte und einem Master versehene Musikerin hier leistet, ist ein Hochgenuss, der sich zwischen elfengleich und bärenstark bewegt. Auch ihr Sinn für Humor und die Liebe zu Kindern, die auf dem aktuellen Album immer wieder mit ihren Stimmen zum Einsatz kommen, verleiht ihrer Musik eine ganz spezielle, sehr persönlich Note, auch weil sie nach ihrem letzten Album Mutter einer kleinen Tochter geworden ist – die sie nicht nur umsorgt, sondern die auch deutlichen Einfluss auf Kalkuns Musik ausübt, sodass sie bereits eine weitere CD für Kinder eingespielt hat, auf der sie mit ihren Texten den Varo-Dialekt schon den Kleinsten näher zu bringen versucht.
Doch es sind nicht nur optimistische, lebensfrohe Klänge auf „Ilmamötsan“ zu hören. Denn der „Wald der Welt“ hält auch viele traurige und melancholische Klänge bereit, die sich auf MARI KALKUNs Rückzug in ihre Heimat und das Leben in ihrer Familie beziehen: „Nachdem ich in den vergangenen Jahren in vielen Städten gelebt habe, bin ich jetzt in ein Haus meiner Familie ins Voruuma zurückgekehrt. Ich habe damit begonnen, den Bauernhof zu renovieren, den mein Urgroßvater vor mehr als 100 Jahren erbaut hat. Während meine kleine Tochter laufen lernte, hatte mein Vater nicht mehr die Kraft dazu. Ich habe erlebt, dass mein Vater und mein Onkel gestorben sind. Ich habe damit begonnen, meine eigenen Texte zu schreiben. Ich habe gelernt, mich besser in meiner eigenen Muttersprache Voro auszudrücken. Ich habe die hiesigen Dörfler besser kennengelernt.“
„Lumeuni – The Snow‘s Sleep“ wird so zu einem traurigen Abschiedslied für ihren Vater, dem das schöne, mit Bläsern angereicherte Geburtstagslied „Linda, Linda! – Fly, Linda!“ für ihre Tochter folgt, welches zugleich das Album abschließt und mit den schönen Worten endet: „Ich wünsche dir das Beste in deinem Leben und dass deine Flügel immer kräftig genug sind.“
Aber auch vertonte Gedichte und historische Themen finden wir auf „Ilmamötsan“, wobei besonders beeindruckend der Song „Motsavele Mäng – The Forest Brother Game“ ist, in dem es um eine Partisanen-Gruppe, welche man die „Waldbrüder“ nannte, geht, die sich während und nach dem 2. Weltkrieg in den Wäldern versteckten, um ihrer Deportation zu entgehen. Ein faszinierendes Lied im traditionellen estnischen Musik-Gewand, das zu einer richtig spannenden Geschichte mit einer dramatisch-musikalischen und textlichen Steigerung ausgebaut wird. Aber auch Balladen und Liebeslieder, wie „Süda Tuksub – The Heart Beats“, finden wir auf „Ilmamötsan“.
Der ungewöhnlichen Albumtitel „Wald der Welt“ ist MARI KALKUN besonders wichtig, weil er auf die (fast konzeptionelle) Tiefe, die sich hinter der Musik auf „Ilmamötsan“ verbirgt, verweist: „Die meisten Songs auf diesem Album sind irgendwie mit dem Wald verbunden. Die Songs sind im Vorumaa und in Rouge geschrieben und aufgenommen worden, umgeben von Wäldern und Hügeln. Für mich, und ich denke auch für sehr viele Esten, ist der Wald wie eine Kirche. Der Wald ist ein Ort, um Frieden zu finden und in mich selbst hineinzuhorchen. Wir lieben den Wald und haben gleichzeitig ein bisschen Angst davor. Weil der estnische Wald so groß und mächtig ist und man leicht darin verloren gehen kann. Uns liegt der Wald ganz besonders am Herzen.“
Und all das hört man auf diesem naturverbundenen, traditionellen und zugleich modernen, abwechslungsreichen Album, das von Stimmungen lebt, auch ohne dass man die Texte versteht, welche beim Hörer genau die Gefühle wecken, die MARI KALKUN mit ihrer Stimme und ganz speziell verschiedenen Kastenzithern erzeugt. Wer sich darauf einlässt, wird reichlich mit der „Stimme aus den Tiefen der estnischen Wälder“ belohnt. Noch besser wäre es, sich zum Hören von „Ilmamötsan“ in eine Wald zu begeben – denn auch unsere deutschen Wälder haben vieles von dem zu bieten, was die Faszination der hier besungenen estnischen Waldlandschaften ausmacht, denn „die Welt ist auch ein Wald, voller Schätze und voller Beeren, aber auch voller Dunkelheit“.
FAZIT: Die Aufnahmen des dritten Solo-Albums von der bei den Ethno Music Awards als beste Sängerin ausgezeichneten MARI KALKUN sind stark geprägt vom südestnischen Lebensgefühl und der Faszination des Waldes. Fast alle Songs zu „Ilmamötsan“ (Wald der Welt) entstanden mitten in der Natur und wurden „vom Blick aus dem Fenster in die Natur und verschiedenen Wetterphänomenen" beeinflusst. So klingt MARI KALKUN wie ein wunderschöne Wald-Fee, die alle Stimmungen des Waldes mit ihrer Stimme und den größtenteils traditionellen Instrumenten Estlands einfängt.
PS: Und wo das Album von Freunden guten estnischen Folks gekauft wird, ist ja eigentlich klar, genau hier mit einem Klick und nicht bei...
- 1-3 Punkte: Grottenschlecht - Finger weg
- 4-6 Punkte: Streckenweise anhörbar, Kaufempfehlung nur für eingefleischte Fans
- 7-9 Punkte: Einige Lichtblicke, eher überdurchschnittlich, das gewisse Etwas fehlt
- 10-12 Punkte: Wirklich gutes Album, es gibt keine großen Kritikpunkte
- 13-14 Punkte: Einmalig gutes Album mit Zeug zum Klassiker, ragt deutlich aus der Masse
- 15 Punkte: Absolutes Meisterwerk - so was gibt´s höchstens einmal im Jahr
- Keelega-Meelega – With Tongue And Heart
- Ngadei!
- Süda Tuksub – The Heart Beats
- Motsavele Mäng – The Forest Brother Game
- Linnaitk – City Lament
- Laul Kahele – A Song For Two
- Sula – Thaw
- Ööliblikat – The Moth
- Läbi Katsa Kalamere – Across The Seven Seas
- Tummohit Tsooro – Dark Circles
- Lumeuni – The Snow‘s Sleep
- Linda, Linda! – Fly, Linda!
- Bass - Nathan Riki Thomson
- Gesang - Mari Kalkun
- Sonstige - Mari Kalkun (Kannel, Akkordeon, Harmonium, Ebow, Glockenspiele), Tuulikki Bartosik (Akkordeon), Linda Tatsi (Kinderstimme), Heino Saluste Euphonium), Kalev Helmoja, Margus Fuchs (Trompeten), Tonis Kripson (Tuba)
- Ilmamötsan (2018) - 12/15 Punkten
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