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Friedemann: (Unterwegs) (Review)

Artist:

Friedemann

Friedemann: (Unterwegs)
Album:

(Unterwegs)

Medium: Do-CD
Stil:

Deutscher Liedermacher live

Label: Exile The Mainstream/Soulfood
Spieldauer: 92:13
Erschienen: 24.02.2017
Website: [Link]

Er ist der COR-Sänger und zugleich ein begnadeter Liedermacher sowie eine wandelnden Tattoo-Litfasssäule, die viel zu singen, zu sagen (übrigens als Tätowierer auch zu tätowieren) und zu zeigen hat.
Und er schwört absolut auf die therapeutische Wirkung von Musik.
Auch seiner Musik?!
Aber natürlich!

Auf seinem Live-Album „(Unterwegs), dessen Titel sogar ein Klammer-Tattoo bekam, lernen wir nun den FRIEDEMANN kennen, der ausschließlich akustisch gemeinsam mit Janko, Matze und Wally als Folk-Liedermacher mit hervorragenden Texten auftritt. Doch nicht nur die Texte seiner Lieder, sondern auch jede seiner Live-Ansagen, die er zwischen jedem Stück ausgiebig einfügt, sind wortwörtlich hörens- und nachdenkenswert. Viel musikalisch und textlich Anspruchsvolles wurde den Zuhörern da am 20. März 2016 in der Jägerklause Berlin geboten. Leider fehlt bei dem Konzert sein aktuell sehr bewegender Song „Heimatlos“ seines letzten Studio-Albums „Wer hören will muss schweigen“, wogegen der Titelsong, aber auch das frech-fröhliche „Gejammer“ auf „(Unterwegs)“ bereits live von FRIEDEMANN zum Besten gegeben wird.

Schon das Cover des Albums zeigt uns, dass FRIEDEMANNs Musik von Herzen kommt und zu Herzen gehen sollte. Das natürlich nur, wenn man Augen, Ohren und Geist weit offen hält. Denn wer – wie heutzutage viel zu oft – nicht zuhören kann, wird wohl nicht verstehen, was uns FRIEDEMANN mit auf den Weg gibt. So wird auch bei diesem Konzert der Titel seines letzten Albums zum Programm: „Wer hören will muss schweigen“.

Doch zuvor muss er als Zuhörer vor seiner heimischen Anlage viel Geduld und Geschick aufbringen, denn die zwei unglaublich liebe- und anspruchsvoll verpackten CDs - so gesehen die beiden silbernen Herzklappen - gilt es erst einmal aus der sehr engen Verpackung zu lösen, um außerdem das 16seitige Booklet mit ausführlichem Vorwort von FRIEDEMANN zu bewundern. Bereits diese gelungene Umhüllung weckt große Neugierde auf das Konzert hinter dem Herz. Und dann ist da der Text von FRIEDEMANN, der die Sonnen- und Schattenseiten des Musikers unerbittlich und gnadenlos aufdeckt. Ganz genauso wie es die Texte in seinen Liedern machen. Es ist ein Genuss, ihm zuzuhören oder ihn zu lesen, wenn er beispielsweise die Geschichte eines Bassisten erzählt, der an einen Musiklehrer gerät, der zwar ein fantastischer Techniker, aber zugleich ein jämmerlicher Feigling ist, weil er nicht den Mut aufbringt, sich dem Tour-Alltag und der Selbstständigkeit zu stellen. Genau zwischen diesen beiden Polen bewegt sich auch FRIEDEMANN, der mal der große Euphorie-Junkie und dann wieder der unendliche Zweifler ist.

Das alles vertont er natürlich zugleich in seinen Liedern, die so, ihrer unerbittlichen Ehrlichkeit wegen, zu etwas ganz Besonderem werden. So, als würde er sich vor uns langsam entkleiden und am Ende die Frage stellen, ob er auch die Unterhose fallen lassen soll. Unsere Antwort darauf zeigt ihm, ob wir das „richtige“ Publikum für ihn sind: „Ich habe in den Jahren auf Tour viele Musiker kennengelernt, die mit dieser großen Sehnsucht nicht klarkamen und das auf verschiedene Weise kaschierten: Alkohol, Drogen, um anderweitig den Rausch erlangen oder verlängern zu können. Andere nehmen Geld in die Hand oder unterschreiben Plattendeals, machen fette Produktionen, riesige Werbung und aus dem eigentlichen Konzert ein Event, das sie dann aber auch nicht glücklich macht, weil sie den Massengeschmack befriedigen und ihren eigenen Stil und somit ihre Persönlichkeit aufgeben müssen. Manche von ihnen verdienen viel Geld, nur um dann festzustellen, dass finanzielle Ekstase so wenig befriedigt.“

Muss man eigentlich noch viel über das akustische Konzert eines Musikers mit so viel Tiefgang schreiben, außer dass sich selbst über die Doppel-CD diese familiäre Atmosphäre überträgt, bei dem FRIEDEMANN spricht und singt, so als wäre er einer von uns, der ohne den Zeigefinger zu erheben, diesen trotzdem mitten auf die Wunde legt: „Du hetzt durch dein Leben und fragst dich manchmal, ob es wirklich deins ist!“ („Wer hören will muss schweigen“)
Mit dem COR-Song „Segeln“ singt FRIEDEMANN beispielsweise über die Vergänglichkeit seines Daseins, nachdem er zuvor bei „Unschuld“ über die unerträgliche Leichtigkeit des Kindseins sang, die einem von überambitionierten Eltern genommen wird. Aber so ist er, der FRIEDEMANN – ein Springer zwischen den Welten und Zeiten, der am Ende immer wieder zuhause ankommt. Dort, wo er hingehört, weil man ihn dort braucht. Erst dort fühlt er sich genauso wohl wie auf der Bühne vor seinem Publikum. Aber nur vor dem, das zuhören will und schweigen kann! Und das mit FRIEDEMANNs lustiger Marotte klarkommt, am Ende eines jeden Songs „Bitteschön!“ zu sagen.
„Dankeschön FRIEDEMANN!“

FAZIT: „(Unterwegs)“ von FRIEDEMANN ist ein akustisches Live-Album geworden, das ohne große Effekthascherei oder intellektuelles Geschwafel auskommt und Musik plus Text auf genau den Punkt bringt, der einen mitten ins Herz trifft.

Thoralf Koß - Chefredakteur (Info) (Review 3257x gelesen, veröffentlicht am )

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  • 13-14 Punkte: Einmalig gutes Album mit Zeug zum Klassiker, ragt deutlich aus der Masse
  • 15 Punkte: Absolutes Meisterwerk - so was gibt´s höchstens einmal im Jahr
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Tracklist:
  • CD 1 (45:59):
  • Am Meer
  • Paola
  • Nackenbrecherblues
  • Geräusch
  • Lampedusa Blues
  • Haben und Brauchen
  • Knall
  • Lied aus der Stille
  • Gejammer
  • Möglichkeiten
  • CD 2 (46:14):
  • Nichts können alles machen
  • Wer hören will muss schweigen
  • Unschuld
  • Segeln
  • Daneben
  • Wo bleiben wir
  • Freiheit
  • Glück
  • Gott
  • Nicht zur Arbeit

Besetzung:

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