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Dillon: This Silence Kills (Review)

Artist:

Dillon

Dillon: This Silence Kills
Album:

This Silence Kills

Medium: LP
Stil:

Traurige Songs traurig instrumentiert und dargeboten!

Label: BPITCH CONTROL
Spieldauer: 43:02
Erschienen: 11.11.2011
Website: [Link]

Wie klingt wohl ein Album, auf dessen Cover die Sängerin als eine junge Frau abgebildet ist, die so blickt, als müsste sie den Weltschmerz von mindestens drei Generationen in sich vereinen? Dazu der wenig optimistische Titel „This Silence Kills“ … auf was für einem Depri-Tripp muss sich denn diese junge Dame befinden, die sich zu allem Überfluss auch noch irgendwelchen Modeschnickschnack als Tränen (Oder ist es doch eine indianische Kriegsbemalung?) unter die Augen klebt? Und umso länger ich das Bild auf der LP, also im Großformat, anstarre, desto mehr übermannt mich der Eindruck, dass das, was ich da gerade sehe, nicht emotional oder ehrlich, sondern einfach nur künstlich wirkt. Und dieses Bild ist zugleich (Musik-)Programm!

Leider habe ich mich von der großen Aufmerksamkeit in den Medien, die „This Silence Kills“ entgegengebracht wurde, anstecken lassen. Ich weiß auch noch genau, wann das war. Als im letzten „Zeit“-Magazin mich besagte Dame, die im wahren Leben Dominique DILLON de Byington heißt und in München lebt, mal wieder so herzzerreißend vom dort abgebildeten Cover anstarrte und darunter zu lesen war: „Trauriger Blick, trauriger Albumtitel: 'This Silence Kills'. Aber die allerschönsten Songs, gesungen von DILLON!“ - ja, da war es um mich geschehen und das Album wurde ungehört, nach ein paar zusätzlichen Internet-Recherchen, von mir bestellt. Mit dem Ergebnis, dass die „Zeit“ nicht nur einen Guttenberg fast bis zu einem unerträglichen Ekelfaktor hofierte, sondern auch der musikalische Hype dieser Zeitung etwas Guttenbergsches hat. Ich zumindest hätte das Bild wohl anders untertitelt: „Künstlicher Blick, depressiver Titel: 'This Silence Kills'. Die allerschönsten Songs singen andere, aber nicht DILLON!“

Noch schlimmer aber wird es, wenn man dann, noch kurz vor der Kaufentscheidung ein wenig recherchiert und auf eine Aussage trifft, die mich persönlich sofort zum Kauf animierte. Nur dummerweise ist diese Aussage falsch:
„Dillon stammt ursprünglich aus Brasilien und ist auch dramatischer als ihre skandinavischen Kolleginnen.“
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Erst kürzlich nämlich habe ich auf diesen Seiten zwei wirklich außergewöhnlich gelungene Alben von der Faröerin GUDRID HANSDOTTIR besprochen, die genau all das haben, was DILLON verspricht, aber nicht zu halten vermag: eine faszinierende Stimme, traurige Melodien, melancholische Stimmungen, vielfältige kompositorische Einfälle sowie überraschende Wendungen. „The Sky Is Opening“ (2010) und „Beyond The Grey“ (2011) der HANSDOTTIR sind eine Messlatte, die eine DILLON noch nicht einmal zu erreichen vermag, wenn sie sich auf ihre musikalischen Zehenspitzen stellen würde.

DILLONs Stimme wird gerne als zerbrechlich bezeichnet, aber im Grunde klingt sie oftmals einfach nur dünn und blechern oder extrem bemüht. Bemüht, so wie JOANNA NEWSOME oder BJÖRK zu klingen. Außer natürlich man hinterlegt diese wie bei „You Are My Winter“ mit mächtig viel Hall und trimmt sie in Richtung der frühen KATE BUSH. Hall hilft immer, eine Erkenntnis, die auch „This Silence Kills“ überzeugend zu vermitteln weiß.

Eine zweite Erkenntnis ist, dass wohl bedingt durch den Vertrag mit einem Techno-Label (BPITCH Control), Electronics und Drums aus der Konserve, egal ob mal etwas dominanter, mal etwas spärlicher eingesetzt, irgendwie immer eine gewisse Erfolgsgarantie bei den jüngeren Hörern haben. Das könnte durchaus stimmen, doch es zerstört die Absicht, die hinter „This Silence Kills“ steckt – nämlich ein emotional-melancholisches, todtrauriges Album rauszuhauen. Denn im Endeffekt wirkt es ziemlich kalt, depressiv und ohne erkennbare Linie – Emotionen sind eben doch eher handgemacht, aber keine Konservenprodukte.

Einen ganz ähnlichen Eindruck hinterlassen dabei auch die Texte.

This Silence Kills, Sing For Me,
Fill My Heart With Anything.“

Ist das nun philosophisch oder einfach nur naiv?
Ich bevorzuge da eher die zweite Variante.
Auch wirkt es wenig überzeugend, wenn sich eine 23-jährige Sängerin bei „Thirteen Thirtyfive“ in die 35-jährige Verführerin eines 13-Jährigen verwandelt. Auch die Erinnerungen an eine verflossene Liebe aufgrund einer vergessenen Zahnbürste haben eher etwas Naives als wirklich Beeindruckendes. Würde DILLON sich diesbezüglich vielleicht in eine 65-Jährige verwandeln, hätte es statt der vergessenen Zahnbürste sogar die vergessene Zahnprothese sein können … Das wäre schon spannender gewesen.

Die Musik selber lebt von einer Vielzahl von Wiederholungen und erinnert manchmal ein wenig an eine Art akustische Variante eines verhaltenen Techno-Albums. PORTISHEAD zum Beispiel haben gezeigt, was für ungewöhnliche und zugleich faszinierende Musik dabei heraus kommen kann. DILLON offenbart diesbezüglich das Gegenteil. Wobei der interessanteste Song tatsächlich der titellose Unterstreichungs-“Hit“ _____________ ist. Ein olle Orgel und ein Piano klimpern ein wenig vor sich her und verbreiten Weltuntergangsstimmung, bis sogar eine Harfe und ein Akkordeon minimalen Spielraum erhalten und irgendwann auch DILLON „Ha-Huh-Ha-Höh!“ in Endlosschleifen-Manier singen darf, was den anfangs neugierig machenden Song zerstört – eine quietschende Tür hätte es diesbezüglich auch gemacht. Besonders schlimm wird’s dann aber bei „Abrupt Clarity“, in dem DILLON wie eine ANNE CLARK auf missglücktem Selbstfindungstrip klingt. Ein passender Abschluss für das Album einer jungen Musikerin, die noch immer auf der Suche nach dem richtigen Weg ist. Mit „This Silence Kills“ hat sie ihn noch nicht gefunden, egal wie sehr man auch versucht, diesen deutschen Trauerkloß mit brasilianischen Wurzeln ins Rampenlicht zu ziehen.

FAZIT: „Songschreiben ist wie Kotzen!“ Das hat DILLON wirklich gesagt. Ausgekotzt wurde „This Silence Kills“, ein musikalisch durchaus interessantes, aber ganz schnell in Vergessenheit geratendes Album einer um eigene Identität bemühten Sängerin, die sich am Ende oft nur in imitierten Stimmlagen verheddert, von Vorbildern, denen sie das Wasser (noch) nicht reichen kann! Die eindeutig bessere Alternative für solche Art der Musik heißt GUDRID HANSDOTTIR, auch wenn die leider hierzulande kaum jemand kennt!

Thoralf Koß - Chefredakteur (Info) (Review 10536x gelesen, veröffentlicht am )

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Wertung: 5 von 15 Punkten [?]
5 Punkte
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Tracklist:
  • This Silence Kills
  • Tip Tapping
  • Thirteen Thirtyfive
  • Your Flesh Against Mine
  • You Are My Winter
  • ________________
  • Undying Need To Scream
  • From One To Six Hundred Kilometers
  • Hey Beau
  • Texture Of My Blood
  • Gumache
  • Abrupt Clarity

Besetzung:

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