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Interview mit Cradle Of Filth (06.01.2009)
Am 18.12.2008 haben wir Paul Allender von CRADLE OF FILTH in Frankfurt in der Batschkapp getroffen. Im Ramen der „Filthiest Tour“ (CoF, Gorgoroth & Moonspell), auf der die Engländer ihr neues Album "Godspeed On The Devil‘s Thunder" vorgestellt haben, konnten wir den Songschreiber der Band einige Fragen stellen. Hierbei erfuhren wir, dass live Gitarre spielen besser als Sex ist und dass Paul und Dani gar nicht so dicke miteinander sind, was ein Grund für Pauls Pause bei CRADLE OF FILTH war...
Hallo Paul, erzähl uns doch mal bitte, wie euch die Idee kam, ein Album über Gilles de Rais zu machen?
Nachdem ich die Musik geschrieben habe, begann Dani seine Lyrics dazu zu schreiben. Er fand, dass meine Songs stark an „Dusk And Her Embrace“ oder “Cruelty And The Beast” erinnern, also haben wir uns seine Notizen zu den Alben von damals angeschaut. Dort gab es kleine Randnotizen über Gilles de Rais. Daraufhin hat sich Dani in die Geschichten von Gilles de Rais eingearbeitet. Er hat Bücher gelesen und daraus Lyrics gemacht. Dann fragte er mich, was ich davon halten würde, ein Album über Gilles de Rais zu machen. Ich sagte zu ihm: „Yeah, das ist eine nette Idee!“ Das ist im Prinzip schon alles.
Was genau hat euch an der Story von Gilles de Rais fasziniert?
Er war ein Serienmörder! Hahahaha. Das war es im Wesentlichen. Weißt du, da könnte ich jetzt noch viel erzählen, aber am Ende läuft es darauf hinaus, dass er ein Massenmörder war.
Danis Tochter hat ein Lied eingesungen. Wie kam es dazu?
Sie kam einfach durch die Tür. Wir saßen gerade bei einem der Songs zusammen und haben noch ein paar Sachen besprochen, da kam sie zufällig rein und hat ein paar Parts aufgenommen.
Das Album ist ein Konzeptalbum, ist es nicht schwer, so etwas auf Tour umzusetzen?
Das ist kein Problem. Wir spielen einfach die Songs, die wir spielen wollen. Heute Abend werden es drei Songs vom neuen Album sein. Weißt du, die Lieder sind ja alle geschrieben worden, bevor wir wussten, dass es ein Konzeptalbum wird. Somit kann man sich jeden Song einzeln anhören, ohne sich etwas kaputt zu machen. Das haben wir schon immer so gemacht. Außerdem wäre es auch viel zu teuer, die komplette Tour in eine Konzepttour zu verpacken. Wir wären niemals in der Lage, lang genug zu spielen. Man müsste das Konzeptalbum spielen und natürlich noch die alten Lieder, welche die Fans hören wollen. Da würde man drei Stunden auf der Bühne stehen. Das ist einfach viel zu lang, das macht unsere Kondition nicht mit.
Eigentlich hast du meine nächste Frage schon beantwortet. Man kann also die Songs auf dem neuen Album individuell hören und muss das Album nicht in einem Stück durch hören?
Definitiv! Natürlich musst du das Album am Stück hören, wenn du dich hinsetzt und die Lyrics mitliest. Denn dann erzählt dir das Album eine Geschichte. Aber die Lieder waren alle schon lange geschrieben, bevor wir überhaupt wussten, dass das Album ein Konzeptalbum werden würde.
Das Album ist sehr anders als „Thornography“. Wie kann man das erklären?
Ich wollte schneller spielen! Hahaha. Das ist es eigentlich auch schon. Ich wollte mehr Aggression, mehr Gewalt und mehr Dunkelheit in die Musik bringen. Ich wollte wieder etwas mehr Aufregung zurück in die Band bringen. „Thornography“ besteht, wenn ich ehrlich bin, nur aus Rockriffs. Ich wollte einfach wieder schnell spielen.
Da fällt mir ein, dass du mal gesagt hast, live schnell Gitarre spielen ist besser als Sex?
Ist es! Das ist es auf jeden Fall. Hahaha. Das ist es definitiv. Ich war noch nie gelangweilt, während ich live Gitarre gespielt habe.
Auf der andern Seite hast du aber gesagt du spielst nicht gerne schnelle S....
...Solos. Ja genau. Das ist sinnfrei. Eine stupide Vergewaltigung der Gitarre und eine dämliche Selbstdarstellung. Dabei kreierst du nicht einmal deine eigene Identität. Stell dir vor, du hast hier drei Jungs sitzen und die spielen alle solche verdammt schnellen Soli. Das klingt von einem zum nächsten immer gleich. Das ist nichts Besonderes. Klar, der eine dehnt die Seiten ein bisschen mehr, der andere hat hier eine nette Technik beim Sliden, aber am Ende des Tages geht es hier einfach nur um 100 Meilen pro Stunde und wie viele Noten können wir in die kleine Lücke reinpressen. Ich denke, dass das einfach nur scheiße ist. Es beweist gar nichts. Es beweist nicht mal, dass man weiß, wie man Gitarre schreibt. Für mich ist eine Gitarre da, um Songs zu schreiben.
Das heißt, du schreibst deine Songs auch nicht am Keyboard, sondern ausschließlich durch Rumprobieren auf der Gitarre?
Ja genau! Alles auf der Gitarre.
Wie bist du zu dieser dunklen Musik gekommen. Wie alt warst du?
Ich war zwölf. Zumindest als ich zu Metal gekommen bin. Die Band war natürlich IRON MAIDEN. Das Album war „Piece of Mind“ mit „The Trooper“ als Single. Von dort ging es über JUDAS PRIEST zu MOTÖRHEAD und dann ging es zu den schnellen Sachen. Die erste Band, die ich da kennen gelernt habe, war SLAYER.
Ist das ein Grund warum ihr „Hollowed be thy Name“ gecovert habt?
Naja, wir mochten diesen Titel alle. Das ist ein spitzen Lied. Deshalb haben wir es gecovert.
Was wissen deine Eltern über deinen Job? Was halten sie davon und wie finden sie deine Lieder?
Die wissen alles. Sie sagen aber nicht viel dazu. Wenn ich sie treffe, fragen sie natürlich, was die Band macht und dann erzähle ich ihnen, was wir im Studio so machen und worüber das Album geht und was wir planen. Sie sagen da meist nicht viel zu außer „Ja das ist ok, mach weiter so.“ Meine Eltern haben auch unsere Alben im Schrank stehen. Aber nur die weißen CDs, die als Pre-Release rauskommen. Einfach ohne die Albencover und das ganze Schwarz. Sie haben die sogar als Vinyl. Die dürften sogar einiges an Geld wert sein.
Wie wichtig sind Danis Lyrics? Du schreibst alle Texte und Dani singt eh unverständlich.
Er ist super wichtig. Denk doch mal darüber nach, wenn Dani nicht in der Band wäre, dann wäre es nicht CRADLE OF FILTH. Er schreibt in einer sehr speziellen Art und Weise. Um ehrlich zu sein, bin ich mir auch nicht immer ganz sicher, was er mit seinen zum Teil auf Altenglisch verfassten philosophischen Aussagen ausdrücken will. Aber es passt einfach und es funktioniert. Er ist halt einfach ziemlich einzigartig und damit natürlich superwichtig.
Als ich das erste Video von euch gesehen habe, war ich 16 Jahre alt. „From Cradle To Enslaved“. Ich war total schockiert und habe mir geschworen, niemals mehr diese Band zu hören. Heutzutage kann man alle eure Videos auf YouTube anschauen. Muss man das nicht kritisch sehen?
Wir stellen die Videos nicht dort hin. Das sind Fans von uns. Unsere Videos kommen ins Fernsehen, bzw. sind fürs TV produziert. Dann kommen die Fans und kopieren sie und laden sie hoch. Wir haben da auch keine Verantwortung. Denn die TV-Sender entscheiden ja darüber, ob es ausgestrahlt werden kann oder nicht. Wenn es zu brutal ist, dann wird es nicht gesendet.
Ihr habt auf euren Alben sehr viele epische Parts und stellenweise viel Synthesizer. Ist das nicht ein Problem auf einem Livekonzert?
Die kommen von einem Harddrive. Das macht es auch live nicht schwer. Wir spielen eh alle nach Click. Natürlich können wir nicht so viel variieren wie z.B. Metallica. Aber auch wir haben unsere Songs und Stellen an denen wir das machen können.
Warum hast du eigentlich Gitarre gelernt? Was war der Grund dafür?
Iron Maiden. Ich habe dir ja vorhin schon von dem Maiden-Album erzählt. Dadurch entstand auch bei mir der Wunsch, Gitarre zu lernen.
Du hast mal gesagt, dass du für CRADLE OF FILTH schreibst und nicht für Paul Allender, den Gitarristen. Gleichzeitig sagst du, die neuen Songs hast du so geschrieben weil DU schneller, härter, etc. spielen wolltest. Für wen schreibst du denn jetzt wirklich?
Ich schreibe nicht für mich selbst. Zumindest bisher nicht. Auf dem jetzigen Album, „Godspeed On The Devil‘s Thunder“, war es endlich mal so, dass ich etwas mehr für mich selbst geschrieben habe. Die letzten zwei Alben hingegen waren viel mehr für CRADLE OF FILTH. Wenn ich für mich schreiben würde, dann würde das viel straighter werden und nicht mehr zu CRADLE OF FILTH passen.
Auf „Godspeed On The Devil‘s Thunder“ hat es doch funktioniert.
Ja, aber da ist es auch nicht ganz so extrem. Wenn ich es für mich selbst geschrieben hätte, wäre es noch krasser geworden. Verstehst du was ich meine? Ich habe schon Ideen für das nächste Album, die sind viel virtuoser und extremer. Also geht es jetzt endlich mehr in die Richtung, in die ich schon immer wollte.
So wie die Bands, für die du gespielt hast, als du deine Pause bei CRADLE OF FILTH eingelegt hast?
Ja genau!
Ihr wart mal bei Sony. Viele Musiker träumen davon. Warum hat das für euch nicht funktioniert?
Die Jungs wussten nicht, was sie tun mussten. Die wussten gar nicht, wie sie mit einer Band wie CRADLE OF FILTH umzugehen hatten. Die wussten das einfach nicht. “Damnation” kam raus und wir haben alle Titelseiten in den Magazinen und Interviews verloren. Es wurden weniger Kritiken geschrieben. Die Jungs von Sony saßen da rum und wussten nicht, was sie machen sollten. Die Band ging dabei langsam den Bach runter. Unsere Chartsplatzierungen gingen runter und wir wollten uns von Sony trennen und sie ließen uns ziehen. Wenn wir dort noch ein zweites Album gemacht hätten, wäre dabei niemals CRADLE OF FILTH heraus gekommen. Das konnten wir unseren Fans auf gar keinen Fall antun. Man muss einfach sagen, dass Sony von extremer Musik einfach keinen Plan hat.
Wo du gerade die Charts erwähnst: Was ist das für ein Gefühl, wenn man das erste Mal ein Album schreibt und damit in den Charts landet? Insbesondere in den UK, wo die Charts auch weltweit gesehen einen ganz anderen Stellenwert haben?
Um ehrlich zu sein, interessieren mich die Charts gar nicht so sehr. Wenn wir reinkommen, dann ist das schön, wenn nicht, dann nicht. Ich schreibe keine Musik, um in den Charts zu landen oder berühmt zu werden. Ich schreibe die Musik, weil das aus meinem Herz kommt, weil das meine Persönlichkeit wiedergibt, weil ich das den Fans mitteilen möchte.
Wenn dir Musik so wichtig ist, mit welcher Band würdest du gerne noch mal auf Tour gehen, vor allem wenn es nicht auf das Genre oder so ankommen würde?
IRON MAIDEN. Ganz klar IRON MAIDEN. Ich meine wir haben schon mal mit Maiden gespielt, wir waren der Hauptsupport auf einem Festival in Italien. Das war toll, wir konnten am Rand der Bühne stehen und sehen, wie IRON MAIDEN spielen. Das war super! Wir haben zweimal mit Priest gespielt. Mit beiden Sänger. Und wir haben oft mit MOTÖRHEAD gespielt.
Das verstehe ich nicht. Wenn das deine Idole sind, warum macht CRADLE OF FILTH dann so andere Musik? Die meisten Musiker entwickeln ihren Stil doch auch eher nach ihren Einflüssen?
Warum sollte man die Bands kopieren, die man mag? Damit kommst du doch nirgendwo hin. Das hat doch schon jemand gemacht! Ich sehe da drin überhaupt keine Herausforderung. Ich liebe diese ganzen 80er-Thrash-Metal-Bands. Ich höre privat keinen Black Metal. Ich mag Black Metal nicht mal. Ich mag Jazz und Blues. Also nehme ich die ganzen Einflüsse, wenn ich für CRADLE OF FILTH schreibe.
Ich hatte das Gefühl, dass du CRADLE OF FILTH damals verlassen hast, weil du und Dani nicht so gut miteinander harmoniert haben.
Ja, ein bisschen was davon war schon dabei.
Ich habe schon oft von Menschen gehört, dass Erfolg einfach verbindet. Würdest du das unterschreiben? Man liest ja auch, dass ihr privat eher nicht so viel miteinander zu tun habt.
Gar nichts! Wir haben jeder unser eigenes Privatleben. Die Band ist der Job und da harmonieren Dani und ich super. Das funktioniert einfach. Musikalisch kennen wir uns in und auswendig. Aber es ist sicher auch der Erfolg, der uns ein Stück weit verbindet. Ich schreibe die Musik, Dani macht die Lyrics. Zusammen machen wir das Merchandise und so weiter. Wenn wir nach Hause kommen, geht jeder seinen eigenen Weg. So ist es aber mit der ganzen Band. Wir arbeiten zusammen und danach hat jeder sein Leben.
War es eigentlich schon immer dein Traum, Rockstar zu werden?
Nein, das ist einfach so passiert. Ich habe da nie dran gedacht. Als ich mit der Schule fertig war, habe ich nur rumgehangen und in einer miserablen Death-Metal-Band gespielt. Dann kam Dani vorbei und fragte mich, ob ich nicht bei seinem Projekt mitmachen wolle. Wir haben das ausprobiert, aber dass wir so erfolgreich wurden, hätte ich nie gedacht. Professioneller Gitarrist zu werden war sicher das letzte, was ich geplant hätte. Jetzt mag ich das richtig gerne, aber ich sehe es als Arbeit an. Du darfst auch nie vergessen, dass es ein Job ist.
<span style="font-style: italic;">René Pickhardt</span>
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