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David Byrne: Who Is The Sky? (Review)

Artist:

David Byrne

David Byrne: Who Is The Sky?
Album:

Who Is The Sky?

Medium: CD/LP/Download
Stil:

Artrock, Indiepop, Global-Pop, Latin, Mariachi, Singer-Songwriter, Avantgarde-Pop, Worldmusic

Label: Matador Records
Spieldauer: 37:34
Erschienen: 05.09.2025
Website: [Link]

Als Live-Künstler ist DAVID BYRNE schon seit "Stop Making Sense"-Zeiten mit den Talking Heads legendär - und spätestens seit seinen spektakulären Bühnen-Shows zum 2018er Album "American Utopia" unübertrefflich. Wie der damals knapp 70-jährige Sänger als Frontmann und (Barfuß-)Vortänzer in einer ausgeklügelten Choreographie auftrat, die das klassische Band-Schema außer Kraft und ein gutes Dutzend Musiker in andauernde Bewegung setzte, das war ein hochinnovatives, atemberaubendes Rundum-Erlebnis. Nur Genies bekommen so etwas hin - daher wird eine neue BYRNE-Platte immer mit besonderer Spannung erwartet.


Und natürlich macht dieser Pionier des Postpunk, Art-Rock, Afrobeat-Funk und World-Pop keine wirklich schwachen Alben. Auch "Who Is The Sky?" ist also ein durchaus hörenswertes Werk, das sich in den nahezu unantastbaren BYRNE-Katalog seit seiner Avantgarde-Pop-Phase mit den Talking Heads vor über 40 Jahren solide einordnet - ein schon beim Cover-Artwork knallbuntes, wohltuendes Album. Damit ist zugleich schon angedeutet, was diese Platte überhaupt nicht ist: nämlich irgendwie relevant, zumal angesichts der düsteren Lage in seiner Wahl-Heimat (der gebürtige Schotte BYRNE ist seit 2016 US-Staatsbürger).

Es gibt bekanntlich viele üble Tendenzen im früheren "Land of the Free", die klugen Menschen wie DAVID BYRNE die Laune verderben und traurige oder protestierende Lieder einflüstern könnten. Aber davon ist nichts davon zu spüren auf "Who Is The Sky?", einem 12-Track-Festival des musikalischen Frohsinns. Der ausgewiesene Freigeist, Worldmusic-Pionier, Klimaschützer und Globalist frönt knapp ein dreiviertel Jahr nach Donald Trumps Amtsantritt einem beschwingten Eskapismus. Das ist sein gutes Recht - aber auch ein bisschen belanglos. 

Vielleicht erklärt dieser aktuelle BYRNE-Post in den "sozialen Medien" (der Finger sträubt sich...) die aufgeräumte Stimmung: "I’m getting married this week and made an almost entirely instrumental playlist while our guests eat an amazing and spicy dinner. My sense is that words & lyrics can be distracting - the ear goes to them, especially if it’s a song one knows. So, I opted for buoyant instrumentals that will create a hopeful and joyous atmosphere… and that folks can also ignore at the same time." Der Mann heiratet mit 73 nochmal (die Glückliche heißt laut "Rolling Stone" Mala Gaonkar), er ist happy (es sei ihm von Herzen gegönnt), und er möchte die Ohren seiner Hörer (ob beim Dinner oder sonstwo) derzeit nicht über Gebühr belasten.


Das tut DAVID BYRNE auch mit "Who Is The Sky?" nicht, so angenehm diese Platte in die Gehörgänge flutscht. So lässt er es gleich im Ethno-Pop-Opener "Everybody Laughs" karibisch blubbern, die Streicher schwelgen, eine Marimba würzt den Groove exotisch nach. "When We Are Singing" streut Bläser in den Mix, der Sänger mit der vornehm gealterten, immer noch sehr typischen DAVID BYRNE-Stimme setzt irgendwann zum Näsel-Solo an. Auch anschließend, etwa in "My Apartment Is My Friend", bleiben der Sound und die Beats tanzbar, das Orchester und die Trompeten fügen gelegentlich leichte Beatles-Ingredienzen hinzu, oder es scheppert in "What Is The Reason For It?" auch mal im Mariachi-Modus. 

Mit "A Door Called No" begibt sich BYRNE zwischendurch auf das Feld der Streicherballade. "I Met The Buddha At A Downtown Party" verbucht immerhin den Titel für den besten Songnamen. Danach gibt’s noch einige feine Stücke ("Moisturizing Thing", "She Explains Things To Me") und auch eher mediokres Liedgut ("The Avant Garde", "The Truth") zu hören. Der New Yorker bleibt insgesamt selbstverständlich nie unter seinem Mindestniveau, glänzt aber auch nicht wie seinerzeit mit "Rei Momo" (1989) oder "Love This Giant" (2012), einer Zusammenarbeit mit der famosen Annie Clark aka St. Vincent.


Er habe "viel gekocht, vor allem mexikanisch und indisch, und viel, viel gezeichnet", sagt DAVID BYRNE über die Zeit vor der Albumveröffentlichung. Sein Label Matador berichtet: "Während die Welt ihren Gang ging, nahm BYRNE sich die Zeit, einige Fragen zu stellen: Mag ich eigentlich, was ich tue? Warum schreibe ich Songs, warum mache ich diesen Job? Ist irgendetwas daran wichtig?“ Das Ergebnis "Who Is The Sky?" ist die erste Zusammenarbeit von BYRNE mit dem Produzenten Tom Hull aka Kid Harpoon und dem New Yorker Kammer-Ensemble Ghost Train Orchestra. Zu hören sind in einigen der zwölf Tracks auch Hayley Williams (Paramore), St. Vincent und der The-Smile-Drummer Tom Skinner.

"Das Album baut auf dem Optimismus seines Vorgängers auf", schreibt Matador weiter. Wer im Chaos der Gegenwart knapp 40 Minuten bunten Anti-Frust-Pop sucht, wird bei DAVID BYRNE also definitiv fündig. Und auf die Bühnen-Umsetzung, in der auch Songs von "Who Is The Sky?" erstrahlen und mit Talking-Heads-Krachern kongenial ergänzt werden dürften, freuen wir uns ganz besonders (12.02.2025 Berlin, 24.02.2025 Frankfurt/Main). "In meinem Alter (...) setzt diese 'Don't give a shit about what people think"-Einstellung ein", so beugt BYRNE möglicher Kritik an diesem federleichten Album vor. "Ich kann aus meiner Komfortzone treten mit dem Wissen, wer ich bin und was ich tue."


FAZIT: Vielleicht erwartet man von DAVID BYRNE angesichts seiner Vergangenheit als großer Pop-Avantgardist (mit den Talking Heads und zeitweise auch solo) einfach zu viel. Nicht jedes Album kann ein Meisterstück sein, das zeigte sich schon beim lediglich soliden "American Utopia" von 2018 (dessen Live-Präsentation dann jedoch sensationell war). Auch "Who Is The Sky?" ist nicht das perfekte Alterswerk des 73-jährigen US-Amerikaners, der es sich in den zwölf neuen Songs etwas zu behaglich eingerichtet hat.

Werner Herpell (Info) (Review 92x gelesen, veröffentlicht am )

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Wertung: 10 von 15 Punkten [?]
10 Punkte
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Tracklist:
  • Everybody Laughs
  • When We Are Singing
  • My Apartment Is My Friend
  • A Door Called No
  • What Is The Reason For It?
  • I Met The Buddha At A Downtown Party
  • Don't Be Like That
  • The Avant Garde
  • Moisturizing Thing
  • I'm An Outsider
  • She Explains Things To Me
  • The Truth

Besetzung:

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