Es ist schon eine lange Zeit her, genau Stand heute 50 Jahre, dass sich DAVID GILMOUR 1973 auf große Talentsuche begab und dabei das musikalische Wunderkind KATE BUSH entdeckte. Würde sich der PINK FLOYD-Gitarrero heute wiederum auf die Talentsuche nach weiblichen Musikerinnen mit Superstimme und kompositorischem Talent begeben, vielleicht würde er dabei tatsächlich Caroline Calen, die Sängerin, Gitarristin, Geigerin, Texterin, Komponistin und Arrangeurin von MADLEN KEYS entdecken. Denn vieles, was diese französische Band auf ihrem Debüt-Album „Event Horizon“ präsentiert, ruft beim Hörer durchaus die frühen Bush-Zeiten mit einer Prise ruhiger Floyd-Atmosphäre sowie den Mut zu weit ausladenden, genreübergreifenden Experimenten in den Sinn. Und da die junge Musikerin noch nicht einmal davor zurückschreckt, live das tiefemotionale „Grace“ von JEFF BUCKLEY zu covern, kann man ihr auch nicht mangelndes musikalisches Selbstvertrauen vorwerfen. Diese Caroline Calen hat's samt ihrer Band einfach drauf.

Mutig ist zudem, dass sich nach anfänglichem Art Pop, auf den man sich sofort, auch seiner Folk-Verspieltheit wegen, locker einzustimmen vermag, das Album massiv ausbricht und mit Post-Rock-Attacken, denen urplötzlicher Dream-Pop den Stecker zu ziehen scheint, oder gar weltmusikalischer Psychedelik, bei der gar eine Sitar zum Einsatz kommt, aufwartet, mit deren Hilfe wir uns sogar in ein LAURIE ANDERSON-Album verirrt zu glauben wähnen. Dieses „Keep A Secret“ ist tatsächlich ein unfassbar starker Song, weswegen man wirklich unbedingt Herrn Gilmour auf den Plan rufen sollte. Obwohl; der hat sich ja im Grunde doch längst – wohl ohne jeglichen weiteren Entdeckergeist – samt Polly auf seine Insel zurückgezogen...

Jeder Song auf „Event Horizon“ entwickelt für sich oftmals (s)ein völlig überraschendes Eigenleben. Öffnet – um beim Albumtitel zu bleiben – eben jede Menge neue Horizonte, die sich mal einschmeicheln, dann wieder mit postrockiger Härte ihre eigenen Bahnen ziehen oder sich in psychedelische oder symphonische Sphären erheben, um ganz am Ende auf „Pensando En Ti“ samt der französischen Muttersprache wieder zu den akustischen, gar chansonetten Wurzeln zurückzukehren.

FAZIT: „Event Horizon“ heißt nach der EP „In You I'm Lost“ (2018) der erste Longplayer der französischen Art-Pop-Band MADLEN KEYS, in deren Mittelpunkt die charismatische Sängerin, Gitarristin, Geigerin, Texterin, Komponistin und Arrangeurin Caroline Calen steht. Und der Album-Titel ist Versprechen zugleich, denn „Event Horizon“ öffnet dem Hörer jede Menge faszinierender Musik-Horizonte, die sich vom kunstvollen Art-(Dream-)Pop und Folk bis hin zum Post- und Psychedelic-Rock erstrecken und keine Minute wie aneinandergereiht wirken, sondern immer wie in einem einzigartigen Fluss erscheinen, der einen am Ende mitreißt und einen in alle Richtungen hin strahlenden Horizont offenbart. Sollte hier tatsächlich ein neues BENT KNEE-Gefühl aufblühen? Aber klar doch!