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Interview mit Sunpocrisy (25.10.2012)

Sunpocrisy

Matteo, das Sprachrohr der spannenden Modern-Progger SUNPOCRISY spricht ausführlich über das Schaffen seiner jungen Band, und dennoch stehen wir am Ende nicht schlauer da als zu Beginn. Ob es an der Sprachbarriere liegt, dass er allenthalben andeutet, wo er Klartext reden könnte? Wie dem auch sei, vielleicht wird der Einstand der Gruppe dadurch sogar interessanter - auf geht's:

Wie seid ihr zur Musik gekommen, und was hält euch heute noch bei der Stange?

Jeder von uns kommt aus einer anderen stilistischen Ecke und nicht zwangsweise dem Metal-Bereich, aber als Band können wir sehr klar sagen, was uns einen langen Atem gibt: Wir lieben es, inspirierende Musik zu komponieren, und zwar in erster Linie für uns selbst. Zweitens sind stolz darauf, dass unser Schaffen auch über die Grenzen unserer Heimat hinaus Wellen schlägt.

Was bedeutet euer Bandname?

Ihm liegt ein kleines Konzept zugrunde; es hat mit Regen zu tun und dem Sonnenlicht, das alles mit einem schönen Schein belegt. Darüber hinaus steht der Name für unsere Freundschaft untereinander, was wir mit "sunpo" abkürzen.

Könnt ihr genauer erklären, was ihr mit dem Artwork eures Albums „Dioramas / Samaroid“ ausdrücken wollt?

Es geht auf eine Idee von mir zurück und steht im engen Zusammenhang mit dem thematischen roten Faden der Scheibe. Es besteht aus vier Acetat-Drucken auf halb durchsichtigem Papier, die vier verschiedene Naturbilder zeigen: Meer, Berge, Mond und Wolkenhimmel. Im Zentrum steht jeweils ein Dreieck, das ein Element repräsentiert, farblich jeweils zweimal in Weiß und Schwarz. Rechts und links daneben steigen und fallen weitere Körper, und der Hörer kann mit dem Artwork spielen, indem er die transparenten Covers in verschiedener Reihenfolge übereinanderlegt oder dreht, sodass sich stets neue Verbindungen zwischen den Elementen ergeben. So kann man herumspielen, während man die Musik hört, wobei wir sogar versucht haben, die Sache digital zu reproduzieren: Die unterschiedlichen Artworks sind jeweils anderen Songs zugeordnet.

In „Φ – Phi“ beschreibt ihr das Universum als irreale Sphäre, während in „Apophenia“ betont wird, das Unversium leite uns. Wie passt das zusammen?

Einer der Hauptgedanken hinter den Songs betrifft das Streben des Menschen nach dem Göttlichen. "Apophenia", das erste Kapitel, bezieht sich auf bestimmte Muster, die unserem Leben innewohnen, ohne das wir sie begreifen. Im ersten Teil von "Phi" dämmert unserem Protagonisten etwas: Er erkennt, dass die Welt mehr ist als das, was wir mit bloßen Augen wahrnehmen, und dies nennt er eben "unreal sphere". Sein Umfeld verändert sich gerade.

Ihr sprecht auch von einem Sprung, den die Menschheit nehmen soll ...

Wir zielen dabei nicht in eine bestimmte Richtung und wollen auch niemandem vorschreiben, wie er leben und sich entwickeln soll. Nicht umsonst verwende ich im Text zu "Vertex" die erste Person; alles ist folglich rein persönlicher Natur, auch die Interpretation. Generell kann man diesen Sprung auf sich selbst münzen, denn jeder musste in seinem Dasein schon Entscheidungen treffen, die zu Umstürzungen führten, und das lässt sich auch leicht zwischen meinen Zeilen lesen.

„We can't create nothing that is not divine We’re perfect“ ist ein starkes Statement; wie unterfüttert ihr es?

Es steht am Ende der Scheibe und passt deshalb umso besser als markanter Nachsatz. So vermessen klingt es aber gar nicht, wenn der Hörer die Texte bis dorthin nachvollzogen hat. Wie gesagt maßen wir uns nicht an, die Wahrheit gepachtet zu haben, sondern beschreiben einfach nur einen bestimmten Weg. Schließlich nimmt man als Erzähler zwangsläufig irgendeine Position ein, und hierbei handelt es sich genau darum: eine Erzählung, nicht mehr oder weniger.

Die Veränderung der Menschheit erfolgt bei euch durch einen Sturm. Wie stellt ihr euch das vor?

Wie vieles auf der Scheibe ist der "storm" symbolisch zu verstehen. Unsere Metaphern greifen wir aus der Welt der Natur auf, und ein Sturm fügt sich dahingehend perfekt ein, dass er für Wandel steht, in seinem Fall einen Wetterumschwung, und das lässt sich auch prima aufs Leben münzen.

Wer sind dann „Mother“ und „Father“ beziehungsweise die Nautilus, die ihr auch noch eingeflochten habt?

Mutter Mond, Vater Sonne; in "Samaroid" wird das eindeutig ausgesprochen. Inspiriert wurden wir dabei vom hermetischen Text der Smaragdtafel. Die Nautilus findet im dritten Stück verwendung, also bevor wir uns auf Mutter und Vater berufen, dieser handelt vom Goldenen Schnitt und heißt folglich "Phi".

Ihr verwendet solch spirituelle Metaphern - auch etwa die „Gardens“ - um das unerklärliche zu benennen. Seht ihr darin überhaupt erst den Grund dafür, warum wir Menschen dazu neigen, religiös zu werden - eben um dem Unfassbaren einen Sinn zu geben?

Wie im Himmel, so auf Erden, genau.

Glaubt ihr, viele Hörer werden sich fürs Konzept interessieren, und wie seid ihr darauf gekommen?

Vielen wird entgehen, dass das Konzept zuerst stand, die Musik also drumherum komponiert wurde. Die Texte kamen aber ganz am Ende hinzu. Wenn man das vorher weiß, fällt es wesentlich leichter, die Band als ganze zu begreifen. Liest man schließlich die Texte, mag man sich Gedanken über den Menschen im Universum machen, und wenn wir jemanden dazu bewegen können, ist das für uns schon befriedigend genug.

Was hat der Götterbote Hermes mit alledem zu tun?

Er spielt genauso mit wie der ägyptische Gott Thoth, und die beiden müssen als Einheit begriffen werden. Im fünften Stück erhaltet ihr die Lösung dafür, warum dem so ist.

Sucht ihr eigentlich ein Label, oder bleibt ihr weiterhin autark?

Wir arbeiten gerade an rund 100 Minuten neuer Musik, die im vergangenen Jahr entstanden sind. Unser Sound hat sich deutlich weiterentwickelt, und wir komponieren noch stichhaltiger als zuvor. Was Labels betrifft, würden wir natürlich nicht nein sagen, aber es geht auch auf eigene Faust. Im Übrigen stemmen wir gerade eine Vinyl-Version dieses Albums.

Habt ihr schon live im Ausland gespielt?

Vor ein paar Monaten wollten wir etwas in Frankreich und Österreich auf die Beine stellen, aber bislang herrschte nur Ernüchterung.

Was mich offengestanden ein bisschen stört, sind die recht stereotyp klingenden Vocals auf "Dioramas / Samaroid"...

Eigentlich sind wir damit momentan recht zufrieden, zumal unser Sänger seit der ersten EP viel besser geworden ist. Wir sehen den Gesang sowieso als zusätzliches Instrument an, weshalb er auch zuletzt hinzukommt. Unsere Song-Strukturen bewegen sich in die entgegengesetzte Richtung dessen, was konventionellen Liedern entspricht, und Sänger hadern mit ausgefallenen Rhythmen, aber daher beziehen wir nun einmal unsere Originalität.

Die Stücke „Samaroid“, „Samaroid / Dioramas“ und „Dioramas“ stellen eine Trilogie dar; stellt sie bitte in einen Kontext.

Die gesamte zweite Hälfte des Albums muss am Stück gehört werden, also von "Trismegistus" ausgehend bis zum Ende von "Dioramas". Sie entstanden alle 2009, und wir entschieden uns dazu, sie zu splitten. Thematisch behandeln wir darin Fraktale, denen wir auch musikalisch Rechnung tragen, da wir Riffs und Melodien aufeiander beziehen, daher auch der Plattentitel als Palindrom.

Was bringt euch die unmittelbare Zunkunft?

Wie erwähnt neue Musik ausarbeiten und die LP realisieren. Momentan spielen wir hier in Italien oft live und werden das auch so beibehalten.

Andreas Schiffmann (Info)
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