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Interview mit Colossus (22.08.2012)
„Hallo aus Raleigh, North Carolina, USA“, grüßen die etwas anderen Fantasy-Metaller COLOSSUS und bedanken sich für die netten Worte, die wir über ihre Musik verloren haben. Im Gegenzug ist jetzt ein Interview mit Klampfer Bill und Trommler Doza fällig.
Woher rührt eure Besessenheit für den Wüstenplaneten?
Bill: Von „Dune“ bin vor allem ich als Gitarrist und Hauptkomponist besessen. Ich habe alle Bücher gelesen und ziehe ständig neue Inspiration aus ihnen. Das erste themenbezogene Stück, das ich schrieb, war „Jihad! Jihad!“. Wir alle fanden es geil, also folgten zwei weitere, „Stoneburner und „Miles Teg. Die Saga wartet mit vielen großartigen Ideen und Charakteren auf; schließlich umfasst die Geschichte auch eine sehr lange Zeit. Wahrscheinlich könnte man bis zum Ende aller Tage Songs über die Romane von Frank Herbert schreiben – gewaltige Konzepte, wo ich mir bloß bestimmte Aspekte herausgepickt habe. Gerade bin ich mit „Der letzte Caleban“ fertig geworden, einem der weniger bekannten Bücher, aber es ist nicht minder abgedreht genial. Herberts Zukunftsentwurf fasziniert mich sehr. „Jihad! Jihad!“ beruht rein auf Fantasy und streift keine irdisch religiösen Themen. Alle Stücke der aktuellen Scheibe wurden vor einem irrealen Hintergrund geschrieben und sollen den Hörer in eine andere Welt befördern, aber wir reißen untereinander oft Witze, von wegen man nehme uns auf Flughäfen als mutmaßliche Terroristen fest und mache uns links, weil wir über den heiligen Krieg singen. Strenggenommen handelt es sich bei der dem Text zugrundeliegenden Story um Fan-Fiction. Sie behandelt den Krieg, der zwischen den beiden ersten „Dune“-Büchern geführt wird. In „Der Wüstenplanet“ streift Herbert ihn einzig mit einer Vision von Paul Atreides, wohingegen in „Der Herr des Wüstenplaneten“ nur noch Erinnerungen von den Kämpfen zeugen. Obwohl es ein gewaltiger und turbulenter Krieg sein muss, erfährt man in den Schlüsselromanen verdächtig wenig darüber, also schrie er geradezu danach, vertont zu werden.
Wie sieht es mit Kevin Anderson aus, der ebenfalls „Dune“-Geschichten verfasst hat und demnächst mit Rushs Neil Peart den Roman „Clockwork Angels“ veröffentlicht?
Bill: Dass ich mir die Schwarte unter den Nagel reiße, auch weil Peart die Vorlage geliefert hat, darauf kannst du einen lassen!
Von „Mrs. Brisby und das Geheimnis von Nimh“ bis zu „Das letzte Einhorn“ ist es nicht weit; wie wäre es nach „NIMH“ mit einem Song über diesen Film?
Doza: „Mrs. Brisby und das Geheimnis von Nimh“ ist einer der tollsten Zeichentricks aus den Achtzigern. Alle Bandmitglieder haben das Ding als Kids geliebt, also dachten wir uns, genetisch manipulierte Superratten seien ein hervorragender Aufhänger für ein Lied. Außerdem ist die Eule mit den leuchtenden Augen voll Metal. Die Fortsetzung habe ich allerdings nie gesehen, muss ich mir aufschreiben. „Das letzte Einhorn“ finde ich auch klasse. Das Buch ist schon geil, und der Trickfilm rockt genauso heftig. Der Feuerstier hat mir als Kind eine Heidenangst eingejagt, und die Idee ist gut; vielleicht wird’s auf der nächsten Platte etwas mit einem Stück darüber.
Eure Musik schreit danach, auf Vinyl veröffentlicht zu werden …
Bill: Unsere zweite Scheibe „Drunk On Blood“ erschien ausschließlich als LP in den Staaten, und nachdem sie ausverkauft war, legten wir sie als CD auf. In Europa gibt es das Teil gar nicht, aber Killer Metal Records werden es hoffentlich richten. In der Zwischenzeit könnt ihr euch den Kram bei uns bestellen oder herunterladen. Wir stehen total auf Schallplatten und würden gern alle drei bisherigen Veröffentlichungen als schwarzes Gold sehen.
Wenn man euch hört, fallen einem unweigerlich Slough Feg ein …
Doza: Wir sind Riesenfans der Band – unglaubliche Typen, die sich seit je einen Dreck um Trends geschert und Hochachtung verdient haben. COLOSSUS spielten eine Show mit ihnen, bevor ich hinzustieß. Ich wäre gern dabei gewesen und darf mir jetzt die Schwärmereien der anderen anhören. „Traveller“ ist eines meiner Lieblingsalben.
„Destroyer Queen“ scheint als einziges Stück eine eurer eigenen Geschichten zu erzählen: Ein Schriftsteller wird von einer seiner weiblichen Figuren vereinnahmt und richtet Unheil an.
Bill: Korrekt. Luke, der Bruder unseres Sängers Sean hat sie geschrieben. Er ist ein guter Freund der Band und hat auch andere Texte für uns verfasst. Es machte Spaß, seine Worte umzusetzen, und musikalisch sind wir dabei an unsere Grenzen gegangen, indem wir verschiedene Einflüsse kombinierten, denn der Song sollte wirklich aus der Art schlagen. Für mich ist es eines der besten Stücke der Scheibe.
Den Geschichten von Fritz Leiber hat sich meines Wissens nach noch keine Rock- oder Metal-Band angenommen, sieht man von den Kanadiern Lankhmar ab, die sich zumindest mit ihrem Namen auf ihn bezogen. Wie erklärt ihr euch, dass sich die meisten Musiker auf Tolkien und dergleichen versteifen?
Bill: Ich kann nur für uns sprechen: Wir begeistern uns aufrichtig für alle möglichen Sciencefiction- und Fantasy-Sachen, seien es Filme, Spiele oder Bücher, ganz egal. Wenn wir uns treffen, ist es wie in einem Literaturcafé; Wir quatschen über unseren momentanen Lesestoff und tauschen ihn auch untereinander. Fritz Leibers Werke lernte ich auf dem College kennen, als ich einen Kurs über fantastische Romane belegte – klasse Bücher, die sehr gut zu uns als Band passen, finster und gewalttätig, aber gleichzeitig zum Lachen und nicht allzu ernst. Versteh mich aber nicht falsch, wir mögen auch nüchternes Zeug … Slayer! Unsere Shows und Aufnahmen sollen aber deutlich machen, welchen Spaß wir an der Musik haben. Uns geht es darum, eine angenehme Zeit zu verleben und dieses Feeling mit Gleichgesinnten zu teilen. Besorgt uns eine Auftrittsmöglichkeit und seht, was geschieht.
Könnte Miles Teg noch leben, hätte er zur Selbsterhaltung ein saftiges Steak verputzt statt minderwertiger Kohlehydrate? Ist der betreffende Song euer Statement zur Ernährungsdebatte in den Staaten?
Doza: Miles Teg ist natürlich auch eine Figur von Herbert. Ich habe nichts über ihn gelesen, doch soweit ich weiß, wird er gefangen und übel gefoltert Dabei. Irgendwie setzt er dabei eine übernatürliche Kraft frei, die in seinen Genen schlummert, und wird unmenschlich schnell, weshalb es ihm vorkommt, als würden sich seine Peiniger gar nicht bewegen. Prompt bricht er ihre Genicke mit bloßen Händen, flieht und wird zum wichtigen Strippenzieher im Krieg. Da niemand schneller ist als er, wollten wir ihm auch ein besonders flottes Stück widmen. Wenn wir es live hinter uns gebracht haben, besorge ich mir minderwertige Kohlehydrate in Form von ebensolchem Bier oder Boone's Farm.
Bill: Minderwertige Kohlehydrate – ja, diese Passage im Buch ist echt aberwitzig. Als ich las, wie Teg einen Zuckersturz bekommt, Essen von vier Tischen verputzt und viermal hintereinander auf den Donnerbalken muss, konnte ich vor Lachen nicht mehr an mich halten. Zudem war ich ein wenig neidisch auf ihn; Ich würde gerne fressen können wie Miles Teg. Wenn ich genauer über seinen Tod nachdenke, komme ich zu dem Schluss, dass er ihn mit dem Gedanken forcierte, dadurch noch bedeutsamer zu werden. Teg war der ausgekochteste Hund des Universums, ein perfekter Held. Deswegen musste ich auch über ihn schreiben.
Mal an Gigs in Europa gedacht? Wäre der ideale Markt für euch.
Wir träumen davon, würden liebend gern zu euch kommen und rocken, mit den Fans ein Bier trinken und eure Kiefer zum Herunterklappen bringen. Wir arbeiten daran, dass es irgendwann klappt. Wenn ihr uns mögt, empfehlt uns weiter, damit wir ein größeres Publikum ziehen.
Alle Reviews dieser Band:
- Colossus - And The Sepulcher Of The Mirror-Warlocks (2012)
- Colossus - Wake (2013)