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Interview mit Orplid (20.11.2008)
Orplid veröffentlichen mit „Greifenherz“ ihr neuntes Album und verstören mit einem sperrigen und finster-sprachgewaltigen Album in der Schnittmenge aus Neofolk und Moderner Klassik mit avantgardistischen Zügen. Frank Machau und Uwe Noll reden über Ying und Yang, zeitloses Denken und Garnelennachwuchs.
Glückwunsch zum neuen Album – es passiert nicht oft, dass ich ein Album beim ersten Hören einfach schrecklich finde, es dennoch immer wieder hören muss und es am Ende doch noch zu schätzen weiß. Kannst du so eine Reaktion nachvollziehen?
Uwe: Das kann ich gut verstehen, Nils! Mir ging es auch es so bei einem Album von Massiv. Ich bekam eine Promo-Cd geschenkt und habe mir den Mist erst unter einem Spaß- und Ekel-Aspekt reingezogen, aber dann immer öfter beim Kraftsport konsumiert. Als doch ziemlich verdächtig oft die Cd rotierte und ich schon anfing „mitzusingen“, gab es nur eine Rettung für meinen guten Geschmack; ab in den Müll damit! Ich hoffe Du wirst nicht eines Tages mit unserem Silberling auch so verfahren müssen, denn wir haben uns sehr viel Mühe gegeben.
Die Texte auf „Greifenherz“, egal ob sie von dir geschrieben wurden oder von anderen Autoren stammen, sind sprachgewaltig und düster. In ihren bedrückenden Stimmungen werden sie durch die jeweiligen Instrumentierungen noch verstärkt. Muss Literatur, egal ob Lyrik oder Prosa, für dich eine dunkle Note besitzen?
Uwe: Ja, unbedingt, schließlich sind wir ja Dark-Waver! Nein, im Ernst; Alle Dinge haben eine Kehrseite – Ying und Yang sind allgegenwärtig. Würde man in der Kunst die dunkle Seite des Seins aussparen, würde man flache Unterhaltung schaffen. Andererseits ist es genauso albern, nur einen auf „evil“ zu machen. Erst wenn im Werk die Dualität aufgehoben ist - indem man sie auslebt und einbringt - , darf von Kunst gesprochen werden.
Die Worte in euren Stücken muten archaisch an. Da sehe ich einen Kontrast zu den moderneren Einflüssen, den beinahe schon Industrial-artigen Instrumentierungen, die den folkloristischen Grundton begleiten. Ist dieser Kontrast bloß eine subjektive Empfindung meinerseits oder spielt ihr bewusst mit diesem scheinbaren Widerspruch? Wenn ja: Welche Absicht des Ausdrucks steht dahinter? Oder mal richtig blöd ausgedrückt: Was wollen uns die Musiker damit sagen?
Uwe: Ein Widerspruch von Text und Musik kann durchaus reizvoll sein, weil im Endresultat völlig neue Aspekte zu Tage treten. Außerdem nimmt jeder die Wirkung der Worte anders war. Gewisse Spielräume haben Frank und ich innerhalb von ORPLID. Wenn der eine sich nicht gut verstanden fühlt, wird eben eingelenkt.
Frank: Die Musik versucht, die Texte angemessen in Szene zu setzen, dass sie moderner anmutet als die verwendete Sprache mag daran liegen, dass meine musikalischen Wurzeln und Haupteinflüsse nicht viel weiter als 40 Jahre zurückreichen. Ich denke aber, dass selbst Uwes Sprache zu kultiviert ist, um wirklich archaisch zu sein, die humanistische Bildung hat gewissermaßen ihre Spuren hinterlassen.
Manch einer würde sagen, eure Texte seien nicht „schön“, obwohl sie künstlerische Qualitäten aufweisen. Was bedeutet „schön“ für dich in der Literatur? Was hältst du vom sogenannten „amoralischen Ästhetizismus“, bei dem es nur um Schönheit um der Schönheit willen geht, ohne z.B. ethische und soziale Fragen in eine Bewertung mit einfließen zu lassen?
Uwe: Das ist eine interessante Frage, wo es ja auch um die „Verantwortung der Kunst“ geht. Endlich mal einer der es ausspricht: Klar, die Sprachbilder sind weder schön, noch moralisch. Sie sollen verstören, aufrührerisch sein, aber in erster Linie bewegen, zum Nachdenken und Selbstfinden - das ist die einzige Verantwortung des Künstlers! Die „Moral“ des jeweiligen Zeitgeistes darf unsereins nicht vereinnahmen. Epochen kommen und gehen. Man sollte möglichst zeitlos denken, fühlen und handeln, um sich bis in seine menschliche Tiefen ausloten zu können.
Die Stimmungen, die auf „Greifenherz“ vermittelt werden, sind für mich nicht immer auf Anhieb eindeutig zu bestimmen. Es ist nicht nur die Wahl der Worte, sondern auch der außergewöhnliche Gesang, die ungewöhnliche Intonation der Worte, die es beim ersten oder zweiten Hören schwierig machen, eure Musik in eine bestimmte Stimmungsschublade einzuordnen. Extrem ist es bei den Stücken, die von Sandra Fink gesungen werden. Glaubst du, dass es vielen Menschen an der Fähigkeit mangelt, feine Bedeutungsunterschiede wahrzunehmen und solche Musik genießen zu können?
Uwe: Ob uns manche Leute gut oder schlecht finden, kann und darf uns nicht interessieren. Wir haben wie immer viel Liebe und Fleiß in die Cd rein gesteckt und der Rest liegt in Gottes Hand. Der eine tanzt eben nach der Musik, der andere lauscht auf die Texte, ein anderer findet uns wiederum völlig widerlich – das ist doch normal. NOCH bewegen wir uns ja alle in einer Welt der Vielfalt und können frei entscheiden, was und wen wir lieben.
Frank: Die Fähigkeit zur Wahrnehmung feiner Unterschiede steckt in jedem Menschen, mancher lässt sie nur verkümmern. Wobei wir ja eigentlich dem Hörer nicht so sonderlich viel abverlangen. Was wir machen, ist doch schon beinahe Unterhaltungsmusik.
Ob ihr es wollt oder nicht: Ihr werdet grob in die Neofolk-Schublade einsortiert. Kannst du damit leben? Ist eine „Szene“ in deinen Augen überflüssig oder notwendig?
Uwe: Neofolk – hin oder her, das soll jeder halten wie er will. Wir haben uns da nie drum geschert. Szenen bieten Rückzugsräume für den Einzelnen innerhalb einer Gesellschaft. Wenn sich jemand in einer speziellen Szene wohlfühlt, dann ist er sicherlich dort gut aufgehoben. Jeder soll nach seiner Fasson glücklich werden oder sich zumindest einbilden, es zu sein.
Frank: Mir ist es eigentlich gleichgültig, wo man uns „einsortiert“. Populäre Musik und Szenedenken gehören wohl zusammen. Wenn jemand meint, unsere Musik und unser Erscheinungsbild passen hier oder dort hin, kann ich dagegen nichts tun.
Wer besitzt deiner Meinung nach ein „Greifenherz“ außer dem Vogel selbst?
Uwe: „Krieger, Hexen und Zauberer“, also wache, starke Menschen mit spirituellem Bewußtsein.
Früher war alles besser. Warum ist das so?
Uwe: Wahrscheinlich mythisiert man vergangene Epochen und Phasen. Das ist in welthistorischer Sicht so und auch im Privatleben des Einzelnen. Eventuell macht diese Verhaltensweise unser Dasein erträglicher. Irgendwas wird sich die Evolution schon dabei gedacht haben.
Frank: Letztlich ist das eine von vielen Redensarten, die gern unreflektiert wiedergegeben werden, in Wahrheit glaubt das ja niemand ernstlich. Mitunter ist es natürlich auch eine Gesinnungsfrage, in welche historische Epoche jemand sich zurückwünscht.
Heutzutage haben wir es besser als früher. Warum ist das so?
Uwe: Weil es im Prinzip in Deutschland den meisten Menschen gut geht, Frieden herrscht und glücklicherweise hierzulande nur noch Black Metal Krieg ist.
Frank: Weil unsere Eltern und Großeltern hart dafür gearbeitet haben.
Zum Abschluss: Was hat dich zuletzt so richtig fasziniert?
Uwe: Letzte Woche hatte ich Garnelennachwuchs im Aquarium. Das war ein aufregendes Naturschauspiel. Viel bewegender als die Wahl des US-Präsidenten.
Frank: Bei mir zuhause gab es Meerschweinchen-Nachwuchs und Obama ist so schwarz wie Angela Merkel ostdeutsch.
Danke für deine Zeit und Mühe!
Nils, wir haben für das Interesse zu danken – alles Gute für Dich und die Leser von musikreviews.de. Wer mehr über uns erfahren will, kann sich gerne bei www.noltex.de umschauen!
Nils Herzog
(Info)
Glückwunsch zum neuen Album – es passiert nicht oft, dass ich ein Album beim ersten Hören einfach schrecklich finde, es dennoch immer wieder hören muss und es am Ende doch noch zu schätzen weiß. Kannst du so eine Reaktion nachvollziehen?
Uwe: Das kann ich gut verstehen, Nils! Mir ging es auch es so bei einem Album von Massiv. Ich bekam eine Promo-Cd geschenkt und habe mir den Mist erst unter einem Spaß- und Ekel-Aspekt reingezogen, aber dann immer öfter beim Kraftsport konsumiert. Als doch ziemlich verdächtig oft die Cd rotierte und ich schon anfing „mitzusingen“, gab es nur eine Rettung für meinen guten Geschmack; ab in den Müll damit! Ich hoffe Du wirst nicht eines Tages mit unserem Silberling auch so verfahren müssen, denn wir haben uns sehr viel Mühe gegeben.
Die Texte auf „Greifenherz“, egal ob sie von dir geschrieben wurden oder von anderen Autoren stammen, sind sprachgewaltig und düster. In ihren bedrückenden Stimmungen werden sie durch die jeweiligen Instrumentierungen noch verstärkt. Muss Literatur, egal ob Lyrik oder Prosa, für dich eine dunkle Note besitzen?
Uwe: Ja, unbedingt, schließlich sind wir ja Dark-Waver! Nein, im Ernst; Alle Dinge haben eine Kehrseite – Ying und Yang sind allgegenwärtig. Würde man in der Kunst die dunkle Seite des Seins aussparen, würde man flache Unterhaltung schaffen. Andererseits ist es genauso albern, nur einen auf „evil“ zu machen. Erst wenn im Werk die Dualität aufgehoben ist - indem man sie auslebt und einbringt - , darf von Kunst gesprochen werden.
Die Worte in euren Stücken muten archaisch an. Da sehe ich einen Kontrast zu den moderneren Einflüssen, den beinahe schon Industrial-artigen Instrumentierungen, die den folkloristischen Grundton begleiten. Ist dieser Kontrast bloß eine subjektive Empfindung meinerseits oder spielt ihr bewusst mit diesem scheinbaren Widerspruch? Wenn ja: Welche Absicht des Ausdrucks steht dahinter? Oder mal richtig blöd ausgedrückt: Was wollen uns die Musiker damit sagen?
Uwe: Ein Widerspruch von Text und Musik kann durchaus reizvoll sein, weil im Endresultat völlig neue Aspekte zu Tage treten. Außerdem nimmt jeder die Wirkung der Worte anders war. Gewisse Spielräume haben Frank und ich innerhalb von ORPLID. Wenn der eine sich nicht gut verstanden fühlt, wird eben eingelenkt.
Frank: Die Musik versucht, die Texte angemessen in Szene zu setzen, dass sie moderner anmutet als die verwendete Sprache mag daran liegen, dass meine musikalischen Wurzeln und Haupteinflüsse nicht viel weiter als 40 Jahre zurückreichen. Ich denke aber, dass selbst Uwes Sprache zu kultiviert ist, um wirklich archaisch zu sein, die humanistische Bildung hat gewissermaßen ihre Spuren hinterlassen.
Manch einer würde sagen, eure Texte seien nicht „schön“, obwohl sie künstlerische Qualitäten aufweisen. Was bedeutet „schön“ für dich in der Literatur? Was hältst du vom sogenannten „amoralischen Ästhetizismus“, bei dem es nur um Schönheit um der Schönheit willen geht, ohne z.B. ethische und soziale Fragen in eine Bewertung mit einfließen zu lassen?
Uwe: Das ist eine interessante Frage, wo es ja auch um die „Verantwortung der Kunst“ geht. Endlich mal einer der es ausspricht: Klar, die Sprachbilder sind weder schön, noch moralisch. Sie sollen verstören, aufrührerisch sein, aber in erster Linie bewegen, zum Nachdenken und Selbstfinden - das ist die einzige Verantwortung des Künstlers! Die „Moral“ des jeweiligen Zeitgeistes darf unsereins nicht vereinnahmen. Epochen kommen und gehen. Man sollte möglichst zeitlos denken, fühlen und handeln, um sich bis in seine menschliche Tiefen ausloten zu können.
Die Stimmungen, die auf „Greifenherz“ vermittelt werden, sind für mich nicht immer auf Anhieb eindeutig zu bestimmen. Es ist nicht nur die Wahl der Worte, sondern auch der außergewöhnliche Gesang, die ungewöhnliche Intonation der Worte, die es beim ersten oder zweiten Hören schwierig machen, eure Musik in eine bestimmte Stimmungsschublade einzuordnen. Extrem ist es bei den Stücken, die von Sandra Fink gesungen werden. Glaubst du, dass es vielen Menschen an der Fähigkeit mangelt, feine Bedeutungsunterschiede wahrzunehmen und solche Musik genießen zu können?
Uwe: Ob uns manche Leute gut oder schlecht finden, kann und darf uns nicht interessieren. Wir haben wie immer viel Liebe und Fleiß in die Cd rein gesteckt und der Rest liegt in Gottes Hand. Der eine tanzt eben nach der Musik, der andere lauscht auf die Texte, ein anderer findet uns wiederum völlig widerlich – das ist doch normal. NOCH bewegen wir uns ja alle in einer Welt der Vielfalt und können frei entscheiden, was und wen wir lieben.
Frank: Die Fähigkeit zur Wahrnehmung feiner Unterschiede steckt in jedem Menschen, mancher lässt sie nur verkümmern. Wobei wir ja eigentlich dem Hörer nicht so sonderlich viel abverlangen. Was wir machen, ist doch schon beinahe Unterhaltungsmusik.
Ob ihr es wollt oder nicht: Ihr werdet grob in die Neofolk-Schublade einsortiert. Kannst du damit leben? Ist eine „Szene“ in deinen Augen überflüssig oder notwendig?
Uwe: Neofolk – hin oder her, das soll jeder halten wie er will. Wir haben uns da nie drum geschert. Szenen bieten Rückzugsräume für den Einzelnen innerhalb einer Gesellschaft. Wenn sich jemand in einer speziellen Szene wohlfühlt, dann ist er sicherlich dort gut aufgehoben. Jeder soll nach seiner Fasson glücklich werden oder sich zumindest einbilden, es zu sein.
Frank: Mir ist es eigentlich gleichgültig, wo man uns „einsortiert“. Populäre Musik und Szenedenken gehören wohl zusammen. Wenn jemand meint, unsere Musik und unser Erscheinungsbild passen hier oder dort hin, kann ich dagegen nichts tun.
Wer besitzt deiner Meinung nach ein „Greifenherz“ außer dem Vogel selbst?
Uwe: „Krieger, Hexen und Zauberer“, also wache, starke Menschen mit spirituellem Bewußtsein.
Früher war alles besser. Warum ist das so?
Uwe: Wahrscheinlich mythisiert man vergangene Epochen und Phasen. Das ist in welthistorischer Sicht so und auch im Privatleben des Einzelnen. Eventuell macht diese Verhaltensweise unser Dasein erträglicher. Irgendwas wird sich die Evolution schon dabei gedacht haben.
Frank: Letztlich ist das eine von vielen Redensarten, die gern unreflektiert wiedergegeben werden, in Wahrheit glaubt das ja niemand ernstlich. Mitunter ist es natürlich auch eine Gesinnungsfrage, in welche historische Epoche jemand sich zurückwünscht.
Heutzutage haben wir es besser als früher. Warum ist das so?
Uwe: Weil es im Prinzip in Deutschland den meisten Menschen gut geht, Frieden herrscht und glücklicherweise hierzulande nur noch Black Metal Krieg ist.
Frank: Weil unsere Eltern und Großeltern hart dafür gearbeitet haben.
Zum Abschluss: Was hat dich zuletzt so richtig fasziniert?
Uwe: Letzte Woche hatte ich Garnelennachwuchs im Aquarium. Das war ein aufregendes Naturschauspiel. Viel bewegender als die Wahl des US-Präsidenten.
Frank: Bei mir zuhause gab es Meerschweinchen-Nachwuchs und Obama ist so schwarz wie Angela Merkel ostdeutsch.
Danke für deine Zeit und Mühe!
Nils, wir haben für das Interesse zu danken – alles Gute für Dich und die Leser von musikreviews.de. Wer mehr über uns erfahren will, kann sich gerne bei www.noltex.de umschauen!